Die Bewertungsabschläge für Großbritannien und Europa ohne GB gegenüber den USA liegen nahe ihrem höchsten Stand seit über 30 Jahren und können nicht allein durch die Indexzusammensetzung erklärt werden.

Die Konzentration der Aktienmärkte wird zunehmend kritisch beobachtet. Seit Anfang 2023 entfallen 60% der Erträge des S&P 500 auf nur drei Unternehmen, und die Glorreichen Sieben unter den Aktien (Microsoft, Nvidia, Apple, Alphabet, Amazon, Meta und Tesla) machen nun einen erheblichen Anteil von 32% des Index aus. Auf regionaler Ebene entfällt heute ein Rekordanteil von 64% des globalen Aktienmarkts auf US-Unternehmen.

Die Marktführerschaft ist auf keinen Fall neu: Die makroökonomischen Faktoren haben in den letzten 15 Jahren fast durchgängig die USA begünstigt. Während Japan gegen die Deflation kämpfte, hatte Europa mit einer Staatsschuldenkrise und den anschließenden Sparmaßnahmen zu ringen. Die Schwellenländer mussten derweil erst mit dem „Taper Tantrum“ von 2013 und dann mit einer Reihe von Schocks in Verbindung mit China fertig werden. Im Gegensatz dazu verzeichnete die US-Wirtschaft eine lange und stetige Expansion. Steuersenkungen im Jahr 2017 lieferten zusätzlichen Rückenwind, so dass die Gewinne der US-Unternehmen viel schneller wuchsen als in anderen Regionen, was sowohl auf eine schnellere Ausweitung der Margen als auch auf ein stärkeres Umsatzwachstum zurückzuführen war.

Auch die Sektorperformance hat eine Rolle gespielt. Sinkende Anleiherenditen und schwächere Rohstoffpreise trugen dazu bei, dass die globalen Growth-Aktien von 2010 bis 2023 ihre Value-Pendants um 160 Prozentpunkte überflügelten, was Regionalindizes mit stärkerer Value-Komponente in der Sektorzusammensetzung, z. B. in Europa, vor Herausforderungen stellte.

Diese Kombination aus makroökonomischer Outperformance und Führungsrolle im Growth-Sektor hat es den Anlegerinnen und Anlegern schwer gemacht, über die jüngsten Gewinner hinauszuschauen. Die Glorreichen Sieben – und viele US-Aktien im Allgemeinen – weisen starke Margen und beeindruckende Aktionärsrenditen auf. Diese strukturellen Faktoren dürften sich zwar wahrscheinlich nicht bald ändern, es gibt aber mehrere Gründe, warum es in Zukunft zu einer Verbreiterung der Erträge an den Aktienmärkten kommen dürfte.

Erstens sieht die Streuung der Bewertungen an den Aktienmärkten derzeit extrem groß aus. Im S&P 500 werden die zehn führenden Aktien mit dem 28-fachen der Gewinnprognose für die nächsten 12 Monate gehandelt, im Vergleich zu einem Multiplikator von 19 für den Rest des Marktes. Wenn jedoch die als „KI-Architekten“ bezeichneten US-Megacaps weiter von einer starken Nachfrage profitieren, muss es an anderer Stelle im Index eine wachsende Zahl von „KI-Verbrauchern“ geben, die mit KI verbundene Vorteile realisieren – was darauf hindeutet, dass in anderen Sektoren positive Korrekturen der Gewinnprognosen bevorstehen dürften. Sollte sich der KI-Hype stattdessen als unbegründet erweisen, ist ein „Catch-down“-Szenario für die Megacaps im Vergleich zu anderen Titeln wahrscheinlicher. In jedem Fall erwarten wir, dass die Abhängigkeit der US-Aktienerträge von nur einer Handvoll Namen deutlich zurückgehen wird.

Auf regionaler Ebene sind die von uns erwarteten günstigen wirtschaftlichen Aussichten deutlich weniger offensichtlich in die Aktienmärkte außerhalb der USA eingepreist. Die Bewertungsabschläge für Großbritannien und Europa ohne Großbritannien gegenüber den USA sind mittlerweile beinahe auf ein seit mehreren Jahrzehnten unerreichtes Rekordniveau gestiegen und lassen sich nicht allein durch die Zusammensetzung des Index erklären, da die Bewertungsabschläge gegenüber US-Pendants in fast jedem Sektor überdurchschnittlich hoch sind.

Da sich die wirtschaftliche Dynamik nun zu Gunsten Europas entwickelt, sehen die Bewertungsabstände zu groß aus. Dies gilt insbesondere für europäische Small Caps, die aufgrund ihrer Abhängigkeit von variabel verzinslichen Schulden überproportional von frühzeitigeren Zinssenkungen der Europäischen Zentralbank (EZB) profitieren werden und wo der übliche Bewertungsaufschlag gegenüber den Large Caps geschrumpft war. Jede Euro-Schwäche infolge einer relativ entgegenkommenderen Haltung der EZB könnte ein weiterer Katalysator für europäische Exporteure werden. Wir sind etwas vorsichtiger hinsichtlich der Aussichten auf eine Outperformance der asiatischen Märkte, da Chinas Konjunktur immer noch träge ist, die indischen Märkte teuer erscheinen und die japanischen Aktien bereits eine deutliche Neubewertung hinter sich haben, wie wir in unserer jüngsten Ausgabe von Was bewegt die Anlegerinnen und Anleger darlegen.

Auch das globale Zinsumfeld dürfte auch dazu beitragen, dass sich die Erträge auf alle Sektoren ausweiten. Negative Zinsen schadeten in den 2010er Jahren der Rentabilität europäischer Banken, wobei die Gewinne des europäischen Finanzsektors von 2010 bis 2023 nur um 68% stiegen, verglichen mit 680% in den USA.

Eine Rückkehr zu ultra-niedrigen Zinsen erscheint höchst unwahrscheinlich, selbst wenn die Zinsen im kommenden Jahr sinken dürften. Die Marktteilnehmer scheinen diese Ansicht zu teilen, da sich die mittelfristigen Zinserwartungen überall, insbesondere in Europa, nach oben verschoben haben. Während höhere Zinssätze die Nettozinsmargen erhöhen, kann dieser Vorteil manchmal durch größere Verlustrückstellungen neutralisiert werden, wenn Privathaushalte nicht in der Lage sind, Tilgungszahlungen zu leisten. Im heutigen Umfeld verringern die Widerstandsfähigkeit der Wirtschaft und des Arbeitsmarktes gegenüber höheren Zinssätzen jedoch das Verlustrisiko, weshalb für längere Zeit erhöhte Zinssätze die Gewinnaussichten für globale Finanztitel stützen sollten.

Nicht nur die Banken sollten von für längere Zeit erhöhten Zinssätzen profitieren. Wenn die Zinssätze aufgrund eines stärkeren nominalen Wachstums höher sind, dürften auch zyklische Sektoren – wie Industrie- und Grundstofftitel, die enger an die Wirtschaftsleistung gebunden sind – besser abschneiden.

Ein weiterer Aspekt, der besondere Aufmerksamkeit verdient, ist die wahrscheinlich weniger stabile negative Korrelation zwischen Aktien und Anleihen. Wenn in der Zukunft wirtschaftliche Schocks häufiger durch Inflationsspitzen und nicht nur durch Wachstumseinbrüche verursacht werden, werden die Argumente für ein weniger zinssensibles Portfolio stärker, um zu vermeiden, dass sowohl Aktien- als auch Anleihenallokationen gleichzeitig hart getroffen werden. Nehmen wir 2022 als Beispiel, als rohstofflastige britische Aktien zu den wenigen Vermögenswerten gehörten, die positive Gesamtrenditen erzielten.

Die möglichen Auswirkungen der US-Wahlen gehören zu den wichtigsten Unwägbarkeiten. Die Steuersenkungen von 2017 wurden von Aktieninvestoren bejubelt, als die Gewinnprognosen im S&P 500 in den drei Monaten nach der Verabschiedung des Gesetzes um 10% zulegten. Wir glauben nicht, dass die Erfahrung von 2017–18 diesmal als Vorlage taugt. Die Finanzlage in den USA ist heute deutlich schwächer, und obwohl es möglich ist, dass Meldungen weiterer Konjunkturmaßnahmen zunächst positiv aufgenommen werden, sollte das Potenzial für eine ungeordnete Reaktion auf dem Anleihenmarkt, durch die Risikoaktiva auf breiter Front unter Druck geraten, nicht auf die leichte Schulter genommen werden.

Da die Bewertungen in den letzten Quartalen an allen Märkten gestiegen sind, dürfen die Anlegerinnen und Anleger im Hinblick auf die Aussichten für mittelfristige Erträge nicht zu viel erwarten. Die Growth-Rally in den USA hat ein festes Fundament, aber Bewertungen, Zinssätze und Korrelationen zwischen Aktien und Anleihen unterstützen alle eine Rotation bei den Spitzenwerten. Jetzt ist ein guter Zeitpunkt, die Aktienallokation zu überprüfen, um sicherzustellen, dass sie angemessen auf Erfolg unter den bevorstehenden Bedingungen eingerichtet ist und nicht an vergangenen Vorstellungen festhält.

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