Protektionismus – das unterschätzte Risiko
Trumps Politik könnte sich für die Geldpolitik und die US-Konsumenten als Bumerang erweisen.
An den Aktienmärkten wurde die US-Wahl bisher moderat freundlich aufgenommen. Die Aussicht auf Deregulierung und Steuersenkungen hat zu Kursgewinnen an den weltweiten Börsen geführt. Doch nun verschiebt sich der Fokus auf die möglichen Folgen einer protektionistischen US-Handelspolitik. Haben die Märkte die damit verbundenen Risiken bisher unterschätzt?
Trump hat im Wahlkampf seine zukünftige Zollpolitik skizziert. Chinesische Importe sollen mit einem Strafzoll von bis zu 60 Prozent belegt werden, während die Zölle für die anderen Handelspartner auf 10 Prozent angehoben werden soll. Vieles spricht dafür, dass es sich dabei um Maximalforderungen handelt, die ein Teil einer breiteren politischen Verhandlungsstrategie sind. Aber aus Risikogesichtspunkten ist es sinnvoll mögliche Maximalrisiken zu beachten. Denn eine vollumfängliche Implementierung der avisierten Zölle würde den durchschnittlichen Zollsatz auf US-Warenimporte auf 11,8 Prozent des Gesamtwerts der US-Importe ansteigen lassen. Das wäre der höchste Stand seit dem 2. Weltkrieg. Die Folgen für Welthandel, Inflation und Kapitalmärkte wären erheblich. Die erste Präsidentschaft von Trump gibt in diesem Kontext einige wertvolle Hinweise über die Wirkungsweise von Zöllen.
Die Handelskonflikte aus den Jahren 2018 und 2019 haben den globalen Warenverkehr nachhaltig beeinflusst. Der Importanteil chinesischer Güter in den USA ist seit Dezember 2017 von 21,5 Prozent auf 13 Prozent gefallen. Profitiert davon haben im Gegenzug Mexiko und vor allem Korea, Vietnam und Taiwan deren Importanteil kräftig angestiegen ist. Interessanterweise ist in der gleichen Periode der Exportanteil Chinas in der ganzen Welt von 12,9 Prozent auf 14,5 Prozent angestiegen. Das heißt die Zölle haben zu einer Umleitung chinesischer Waren geführt und den Trend zur Neuordnung des globalen Warenverkehrs befeuert.
Dieser Trend dürfte sich mit einer neuen Zollrunde fortsetzen. Gleichzeitig sollten Direktinvestitionen in den USA könnten einen kräftigen Schub erfahren, während Exportkapazitäten in den von US-Zöllen stark betroffenen Ländern zurückgefahren werden. Europäische Aktien stehen, was den Handel mit den USA betrifft, besonders im Risiko, denn 24 Prozent der Umsätze der Unternehmen im MSCI Europa kommen aus den USA.
Der starke Renditeanstieg am US-Rentenmarkt und das Auspreisen zukünftiger Leitzinssenkungen seit Oktober 2024 gibt aber auch einen Hinweis darauf, dass sich die Zollpolitik der neuen Regierung als inflationär erweisen könnte. Die Kerngüterinflation war in den fünf Jahren vor den ersten US-Zöllen fast kontinuierlich negativ. In 2019 ist diese Komponente der Verbraucherpreise zum ersten Mal positiv geworden. Der Effekt war nicht dramatisch, denn dank zahlreicher gewährter Ausnahmen ist der effektive Zollsatz auf alle Güter von 1,4 auf nur 2,8 Prozent gestiegen. Ein Universalzoll von 10 Prozent ohne Ausnahmen wäre jedoch sehr viel inflationärer, als dies 2018 der Fall war. Eine höhere US-Inflation hätte wahrscheinlich auch Folgen für die Geldpolitik der US-Notenbank. Die Chance auf weitere Zinssenkungen würden schwinden – und damit die Hoffnung auf eine Entlastung der hohen Finanzierungskosten der hohen US-Staatsschulden. Bereits heute verschlingt der jährliche Zinsaufwand der US-Regierung 15 Prozent der Staatsausgaben.
Eine wichtige Rolle spielen auch die Währungen. Der chinesische Renminbi hat in der heißen Phase des Handelskonflikts mit den USA zehn Prozent gegenüber dem US-Dollar abgewertet. So konnten chinesische Waren trotz US-Zöllen ihre Wettbewerbsfähigkeit bewahren. Die Einführung neuer Zölle dürfte deshalb den US-Dollar weiter stärken.
Doch in zwei Punkten unterscheiden sich die aktuellen Rahmenbedingungen gegenüber 2018. Erstens ist der der Wert des handelsgewichteten US-Dollars 25 Prozent höher und zweitens ist der angedrohte Zollanstieg deutlich massiver. Wechselkursanpassungen werden dadurch weniger in der Lage sein die negativen Folgen der US-Zölle zu kompensieren. Die Margen ausländischer Exportunternehmen könnten vor diesem Hintergrund stärker unter Druck geraten und die Preise für US-Konsumenten stärker steigen.
Sollte die neue US-Regierung die Zollpolitik sehr viel aggressiver umsetzen als bisher erwartet, könnte sich die Aussicht auf anhaltend hohe Zinsen und Margendruck als eine unangenehme Gemengelage für die Märkte entpuppen.
Durchschnittlicher Zollsatz auf US-Warenimporte
Zolleinnahmen / Gesamtwert der Güterimporte in %

Tilmann Galler ist globaler Kapitalmarktstratege bei
J.P. Morgan Asset Management in Frankfurt
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