Was der verstärkte Fokus der Politik auf Klimaschutz für Anleger bedeutet
Jennifer Wu
Caspar Siegert
Nicolas Aguirre
Vincent Juvyns
Tim Lintern
Benjamin Mandel
Wichtigste Erkenntnisse
- Der Übergang zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft könnte durch gezielte Sanktionen bewirkt werden, indem die Regierungen nachhaltiges Verhalten vorschreiben. Er könnte aber auch auf Anreizen basieren, indem die Regierungen umweltfreundliche Maßnahmen subventionieren.
- Während der Übergangsphase werden sich erhebliche geografische und sektorspezifische Unterschiede ergeben. Deshalb ist ein aktiver Ansatz bei der Titelauswahl sinnvoll.
- Investoren können von klimabezogenen Anlagechancen profitieren, bevor diese im Markt eingepreist werden. Sie sollten deshalb dafür sorgen, dass ihre Aktienportfolios für die Umstellung gerüstet sind.
Ein geordneter Übergang zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft ist für Anleger kein bedrohliches Szenario
Da die globalen Temperaturen bis Ende des Jahrhunderts unter Umständen um mehr als drei Grad steigen werden, könnte es innerhalb unseres 10- bis 15-jährigen Anlagehorizonts zu vermehrten Weichenstellungen in der öffentlichen Klimapolitik kommen. Investoren können, indem sie sich frühzeitig positionieren, von klimabezogenen Anlagechancen profitieren, bevor diese vom breiten Markt eingepreist werden.
Aus unserer Sicht könnte der Übergang zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft entweder durch Sanktionen forciert werden, indem die Regierungen nachhaltiges Verhalten vorschreiben und durchsetzen. Dann würden private Unternehmen den Großteil der Umstellungskosten tragen. Oder er könnte durch Anreize forciert werden, wenn die Regierungen durch Subventionen und andere Formen fiskalischer Anreize umweltfreundliches Verhalten belohnen. Derzeit ist unklar, für welchen Ansatz sich die Politik entscheiden wird. Unstrittig ist hingegen, dass eine Senkung der Energieintensität des BIP (also ein geringerer Einsatz fossiler Brennstoffe) nicht ausreichen wird, um den Effekt einer wachsenden Wirtschaft auszugleichen und eine deutliche Temperaturerhöhung abzuwenden. Es wird entscheidend darauf ankommen, Energie auch weniger kohlenstoffintensiv zu erzeugen.
Insgesamt dürfte sich der Übergang zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft nur begrenzt auf das BIP-Wachstum, die Inflation und die Zinsen auswirken, obwohl vieles davon abhängt, ob er durch Sanktionen oder Anreize vorangetrieben wird. Wir glauben jedoch, dass sich erhebliche geografische und sektorspezifische Unterschiede ergeben werden. Länder wie Russland, Indien und Südafrika werden wahrscheinlich stärker von der Umstellung auf eine kohlenstoffarme Wirtschaft betroffen sein, da ihnen der fiskalische Spielraum fehlt, um die Belastungen abzufedern. Dagegen scheinen die meisten europäischen Länder besser gerüstet.
Wie könnte sich der Übergang zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft auf die Aktienmärkte auswirken? Hier sind unseres Erachtens verschiedene gegenläufige Kräfte am Werk. Unser Basisszenario ist: Sofern die Regierungen geeignete Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels ergreifen, legen die Dividendendiskontierungsmodelle anhand der aktuellen Diskontsätze nahe, dass die Beeinträchtigung der Unternehmensrentabilität zu einem leichten Rückgang der durchschnittlichen Aktienbewertungen um rund 3 Prozent führen könnte. Es gibt jedoch eine Reihe plausibler Gegengewichte. Die Unabhängigkeit der Volkswirtschaften gegenüber exogenen Schwankungen der Ölpreise kann zu einer geringeren makroökonomischen Volatilität führen und somit die Aktienrisikoprämien senken. Das kommt wiederum den Aktienbewertungen zugute. Auch das Zinsniveau und die Art der beschlossenen Fiskalpolitik werden die Aktienbewertungen über unseren 10- bis 15-jährigen Anlagehorizont beeinflussen.
Die Auswirkungen der Klimawende dürften zwischen und innerhalb der einzelnen Sektoren erheblich variieren. Zu den Sektoren, die davon profitieren werden, gehören erneuerbare Energien und umweltfreundliche Infrastruktur. Die Sektoren, die wahrscheinlich am stärksten betroffen sein werden, sind Energie, zyklische Konsumwerte – insbesondere Autos – Grundstoffe und einige Versorgungsunternehmen. Die Emissionsintensität eines Unternehmens und seine Fähigkeit, die CO2-Kosten an die Verbraucher weiterzugeben, werden darüber entscheiden, wie schwierig diese Übergangsphase sein wird.
Die nuancierten Auswirkungen des Klimawandels und des Übergangs zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft unterstreichen den Stellenwert eines aktiven Ansatzes für die Wertpapierauswahl. Aus unserer Sicht sollten Aktienportfolios so aufgebaut sein, dass sie für den Übergang gerüstet sind. Dies kann dazu beitragen, sie vor den Risiken des Klimawandels zu schützen und gleichzeitig die mit der Umstellung verbundenen Anlagechancen zu nutzen.
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