Die Schwierigkeiten Chinas in den letzten Jahren haben sich nicht einheitlich auf andere Schwellenländer übertragen.

Die erhebliche geldpolitische Lockerung der People's Bank of China (PBoC) und die finanzpolitische Unterstützung der chinesischen Regierung haben die Bewertungen des chinesischen Aktienmarktes seit den extremen Tiefständen zu Beginn dieses Jahres angehoben.

Diese Willensbekundung der politischen Entscheidungsträger ist ermutigend. Wir werden jedoch – sowohl durch Stimulierung als auch durch Regulierung – zusätzlicher Interventionen bedürfen, um Zuversicht gewinnen zu können, dass sich die chinesischen Unternehmensgewinne in einem nachhaltigen Aufschwung befinden, insbesondere angesichts wahrscheinlich weiterer Handelskonflikte. Anlegerinnen und Anleger sollten ihre Schwellenmarktallokationen aktiv verwalten, um von sich ändernden Handelstrends und Nuancen in der Binnenpolitik zu profitieren.

Bewältigung der Immobilienkrise in China

Der Immobilienmarkt ist der chinesischen Wirtschaft seit langem ein Dorn im Auge. Die Preise für Wohnimmobilien sind seit ihrem Höchststand im zweiten Quartal 2021 im Durchschnitt um 12% rückläufig. Im Gegensatz zu Europa und den USA leidet China derzeit unter einem kurzfristigen Überangebot an Wohnimmobilien, da sich die in den Boomjahren vorgenommenen Bedarfsschätzungen als zu optimistisch erwiesen haben. In der Tat fiel die Geburtenrate in China von 10,4 Geburten pro 1.000 Einwohner im Jahr 2019 auf 6,4 Geburten im Jahr 2023 und es kam zu einem deutlichen Rückgang bei den Eheschließungen. Dies hat die Sorgen um den chinesischen Immobiliensektor verstärkt. In den 80 größten Städten dauert es mittlerweile im Durchschnitt fast 28 Monate, um ein neues Objekt zu verkaufen.

Für die chinesischen Privathaushalte ist der schwache Immobilienmarkt besonders schmerzhaft, da fast zwei Drittel ihres Vermögens in Immobilien gebunden sind (Abbildung 21). Die sinkenden Immobilienpreise wirken sich somit stark auf die Kaufbereitschaft der Privathaushalte aus. Erschwerend kommt hinzu, dass viele dieser Immobilien und die damit verbundenen Schulden in den Bilanzen der Kommunen verbleiben, was die Möglichkeiten der Kommunen zur Förderung weiterer Aktivitäten beschneidet. Ohne staatliche Unterstützung besteht ein reales Risiko, dass China in eine anhaltende „Bilanzrezession“ eintritt, wie dies in Japan in den 1990er und 2000er Jahren der Fall war.

Unserer Ansicht nach sind die von den chinesischen Politikern bisher ergriffenen Maßnahmen unzureichend. Die Ankündigungen vom September 2024 reduzierten die Finanzierungskosten, senkten die Anforderungen für den Erwerb von Wohneigentum und boten den Privathaushalten finanzielle Unterstützung. Diese Maßnahmen fördern zwar die Immobiliennachfrage und dürften den Preisverfall auf kurze Sicht verlangsamen, aber wir würden uns wünschen, dass Peking das Problem an der Wurzel packt. Dies würde bedeuten, dass der überschüssige Wohnraum und die Schulden aus dem allgemeinen Wirtschaftssystem in die Bilanz der Zentralregierung übernommen werden.

Obwohl das Bevölkerungswachstum in China 2020 insgesamt negativ war, gibt es noch kein strukturelles Überangebot an Wohnimmobilien. Eine voranschreitende Urbanisierung hat das Potenzial, den Wohnungsmarkt mittelfristig auszugleichen, da der Urbanisierungsgrad in China mit 65% im Vergleich zu anderen Industrieländern wie Korea (81%) und den USA (83%) immer noch relativ niedrig ist. Die Reformierung des „Hukou-Systems“, das bestimmt, wie Menschen vom Land in neuen Bezirken Zugang zu Gesundheit und Bildung erhalten, würde bei diesem Prozess helfen.

Die Zentralregierung sollte auch einige lokale Staatsschulden in ihrer Bilanz konsolidieren. Peking zögert jedoch immer noch, diesen Schritt zu unternehmen, da die Gesamtverschuldung in der Wirtschaft in den letzten zehn Jahren von 224% des BIP auf geschätzte 289% gestiegen ist und es zudem ein moralisches Risiko gibt, wenn lokale Regierungen von ihrer Rechenschaftspflicht befreit werden.

Aktien als Quelle für Wohlstandseffekte bei Verbraucherinnen und Verbrauchern

Negative Vermögenseffekte für chinesische Privathaushalte aufgrund fallender Immobilienpreise wurden durch einen gleichzeitigen Rückgang der Aktienmärkte und sinkende Einlagenzinssätze verstärkt, was zu einem geringeren Vertrauen führte (Abbildung 21). Dies ist ein grundlegender Unterschied zwischen den jüngsten Erfahrungen in China einerseits und den USA andererseits, wo ein boomender Aktienmarkt und robustere Immobilienmärkte zu einer positiven Verbraucherstimmung beigetragen haben.

Jüngste Interventionen deuten darauf hin, dass sich Peking auf Maßnahmen zur Stützung des Aktienmarktes konzentriert (Abbildung 22), um damit die Verbraucherstimmung anzukurbeln. Die Einführung einer Swap-Fazilität bei der PBoC, die es Wertpapierfirmen, Versicherungsgesellschaften und Fonds ermöglicht, Aktienkäufe zu finanzieren, und einer Weiterverleihungsfazilität, mit der börsennotierte Unternehmen Aktienrückkäufe zu einem Satz von 2,25% finanzieren könnten, ist ebenfalls ein klarer Hinweis darauf, dass die Entscheidungsträger eine Strategie der Reflation für die Anlagemärkte verfolgen.

Anlegerinnen und Anleger sollten die potenziellen Auswirkungen eines solchen positiven Liquiditätseffekts im Jahr 2025 nicht unterschätzen. Da 25% des Vermögens chinesischer Privathaushalte in Einlagen und Barmitteln investiert sind, könnte selbst eine teilweise Neuallokation in Aktien den lokalen Märkten Auftrieb verleihen. Das Risiko für diese Einschätzung besteht darin, dass ausländische Anlegerinnen und Anleger stattdessen jüngste Kursanstiege nutzen könnten, um ihre Allokation in China zu reduzieren.

Die Maßnahmen der PBoC und der chinesischen Regierung haben zwar dazu beigetragen, die Bewertungen in China zu verbessern, doch für eine Fortsetzung der Erholung muss sich eine Verbesserung der Unternehmensgewinne abzeichnen. Die Wiederwahl von Präsident Trump macht eine Wiederbelebung der Unternehmensgewinne offensichtlich schwieriger.

Wir gehen davon aus, dass Zölle in Höhe von 60% auf Einfuhren aus China in die USA eine kurzfristige politische Priorität für die neue US-Regierung haben werden. Es sollte jedoch nicht vergessen werden, dass der chinesische Anteil der Importe in die USA seit der Einführung von Zöllen durch Präsident Trump im Jahr 2018 von 21% auf nurmehr 12% gefallen ist. Ungeachtet dessen ist der globale Exportanteil Chinas im selben Zeitraum von 13% auf 14% gestiegen, da chinesische Unternehmen ihre Lieferketten umstrukturiert haben, um Länder wie Mexiko und Vietnam zu integrieren. Präsident Trump könnte höhere Zölle verhängen und/oder andere Regionen ermutigen, ähnliche Beschränkungen für chinesische Importe zu erlassen. Eine solche Strategie würde jedoch das Verbraucher- und Unternehmensvertrauen in den USA gefährden.

Wir gehen auch davon aus, dass Feindseligkeiten des Auslands mit mehr inländischen fiskalischen Impulsen für Privathaushalte und Unternehmen in China beantwortet werden.

Außerdem sollten wir das Potenzial nicht unterschätzen, dass Regulierungs- und Markteingriffe in China zu einem Rückenwind werden können, ganz im Gegensatz zu dem erheblichen Gegenwind seit der Einführung der Politik des gemeinsamen Wohlstands (Common Prosperity Policy) im Jahr 2021. Die Folgen dieser Politik für die Unternehmensbewertungen und -erträge waren beträchtlich, und das Risiko weiterer drastischer Regulierungen bleibt den derzeit gedrückten Bewertungen auf dem chinesischen Aktienmarkt nach zu schließen eingepreist. Dieses regulatorische Risiko ist insbesondere in Wachstumssektoren erkennbar. Zu Beginn des Jahres 2021 wurden große chinesische Technologie- und Online-Unternehmen zu ähnlichen Bewertungen wie ihre US-Konkurrenten gehandelt. Heute werden Chinas Wachstumschampions zu einem erheblichen Abschlag gehandelt (Abbildung 23).

Die strenge Regulierung setzte auch die Rentabilität chinesischer Unternehmen unter Druck. Das Wachstum des Gewinns je Aktie konnte in den letzten zehn Jahren nicht mit dem Wirtschaftswachstum mithalten (Abbildung 24), während der Kapitalertrag von 15% auf 11% fiel. Für eine nachhaltige Verbesserung der chinesischen Aktienperformance wären weniger und besser vorhersehbare Regulierungen hilfreich.

Was ist mit den breiter gefassten Schwellenmärkten?

Die Schwierigkeiten Chinas in den letzten Jahren haben sich nicht gleichmäßig auf andere Schwellenmärkte übertragen. Friendshoring und die Neuordnung des Welthandels kamen Ländern wie Mexiko und Vietnam zugute, während wachstumsfördernde innenpolitische Maßnahmen die Investitionen in Indien angekurbelt haben.

Mit Blick auf das Jahr 2025 könnten Aktien in den breiteren Schwellenmärkten durch die jüngsten Konjunkturanreize Chinas Auftrieb erhalten. Wir sind uns aber dessen bewusst, dass sich die Maßnahmen zur Stabilisierung des Finanzsystems und des Immobiliensektors erheblich von früheren Konjunkturpaketen unterscheiden, die einen stärkeren Schwerpunkt auf Investitionen und Infrastruktur aufwiesen. Daher werden die positiven Auswirkungen auf die Weltwirtschaft und den Rohstoffmarkt in gewissem Maße begrenzt sein. Wir erwarten folglich keinen erheblichen Rückenwind für die klassischen Rohstoffexporteure in Lateinamerika, dem Nahen Osten und Südostasien.

Eine Verschärfung des Handelskonflikts zwischen der neuen US-Regierung und China könnte den Friendshoring-Trend weiter verstärken. Für die US-Regierung scheint es praktisch schwieriger zu sein, eine Zollpolitik zu entwickeln, die der Neuorganisation der Lieferketten entgegenwirkt, weshalb Volkswirtschaften wie Mexiko und Vietnam weiterhin profitieren könnten. Nordostasien dürfte unvermindert von dem anhaltenden globalen Investitionsboom im Technologiesektor profitieren.

Auch der US-Dollar wird 2025 eine entscheidende Rolle bei der relativen Performance der Schwellenmärkte spielen. Zölle und eine expansive Fiskalpolitik dürften einen inflationären Effekt auf die US-Wirtschaft haben, so dass die US-Notenbank weniger geneigt sein könnte, die finanziellen Rahmenbedingungen kontinuierlich zu lockern. Dies würde den US-Dollar unterstützen und könnte sich als Gegenwind für Schwellenländerwährungen erweisen, was es den Zentralbanken der Schwellenländer erschweren würde, ihre inländischen Volkswirtschaften mit weiteren geldpolitischen Lockerungen zu unterstützen.

Fazit

Die politischen Entscheidungsträger in China wollen die chinesische Wirtschaft unterstützen. Ihre Willensbekundung ist wichtiger als die bislang ergriffenen konkreten Maßnahmen. Wir vermuten, dass sie ihre Munition so lange aufsparen, bis klar ist, welche Handelsfeindlichkeit ihnen droht. Dennoch bleibt es ungewiss, ob die Bemühungen der politischen Entscheidungsträger lediglich die negativen Auswirkungen auf die chinesische Wirtschaft und die Märkte begrenzen werden oder sich als ausreichend erweisen werden, um die Entwicklung der Wirtschaft und der Unternehmensgewinne auf mittlere Sicht zu verbessern. Das Gleichgewicht der Risiken ist nun aber zumindest zweiseitig und nicht mehr tendenziell abwärts gerichtet. 

Die aktuellen Bewertungen von Schwellenländeraktien erscheinen im Vergleich zu Aktien der Industrieländer relativ günstig. Die Bewertungen der Schwellenländer nehmen sich jedoch im historischen Vergleich nur durchschnittlich aus (Abbildung 25). Die Anlegerinnen und Anleger müssen an den Märkten der Schwellenländer aktiv vorgehen, um von der breiten Streuung in der Region, den veränderten globalen Handelsmustern und den Auswirkungen der idiosynkratischen US-Außenpolitik zu profitieren.

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