Interview mit Anne Marden, Fondsmanagerin des JPMorgan Funds - Global Healthcare Fund
Frau Marden, durch die Coronakrise ist das Thema Healthcare derzeit in aller Munde. Lohnt es sich auch, sich als Investor mit dem Thema „Healthcare“ auseinanderzusetzen?
Anne Marden: Oh ja auf jeden Fall! Das Thema hat sich in den letzten Jahren ja zu einem echten Megatrend entwickelt, der durch die demographische Entwicklung einerseits und den steigenden Wohlstand in wichtigen Schwellenländern andererseits befeuert wird. In diesem Jahr ist die mediale Aufmerksamkeit durch COVID-19 noch einmal deutlich größer, nicht zuletzt, weil der Healthcare-Sektor im von der Coronakrise geprägten Marktumfeld genau die Eigenschaften zeigte, wegen der er von Anlegern so geschätzt wird: Die Aktien dieses Sektors sind insgesamt defensiver als der breite Markt und tragen damit zur Diversifikation eines Portfolios bei. Und auch jenseits von Corona sind die Erträge von Unternehmen des Gesundheitswesens erheblich weniger abhängig von der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. Vielmehr sind aufgrund der zunehmenden Wichtigkeit des Sektors weltweit, verbunden mit der Innovationskraft vieler Unternehmen, auch langfristig überdurchschnittliche Wachstumsraten zu erwarten.
Wie hat sich ihr Fonds in diesem Umfeld entwickelt?
Anne Marden: Wie der gesamte Healthcare-Sektor konnte sich auch der Global Healthcare Fund ebenfalls in dem äußerst volatilen Umfeld der letzten Monate positiv entwickeln, wobei es mich natürlich besonders freut, dass der Fonds sowohl den breiten globalen Aktienmarkt als auch den Gesundheitssektor nach Kosten übertroffen hat.
Können Sie die letzten Monate noch einmal für uns rekapitulieren – das war ja eine ziemliche Achterbahnfahrt.
Anne Marden: Die ersten 6 Monate des Jahres 2020 verlangten von Aktien-Investoren wirklich starke Nerven. Um die COVID-19 Pandemie einzudämmen, wurde die globalisierte Weltwirtschaft zum Stillstand gezwungen. Durch die Konfrontation mit dieser plötzlichen Veränderung der globalen wirtschaftlichen Aktivitäten, verzeichnete der MSCI World Index im ersten Quartal einen Wertverlust von -21,1 Prozent (Stand: 31.03.2020 in US-Dollar). In dieser Abwärtsphase bestätigte der Healthcare-Sektor wie schon erläutert seinen tendenziell defensiveren Charakter und entwickelte sich mit -11,5 Prozent deutlich besser als der breite Markt. Der JPM Global Healthcare Fund A (acc) USD konnte im ersten Quartal mit -10,4 Prozent sogar noch etwas besser als der Vergleichsindex abschneiten. Die defensive Natur des Sektors hat dazu beigetragen, dass die Verluste relativ zum breiten Markt geringer ausgefallen sind.
Aber die Erholung ließ zum Glück nicht lange auf sich warten...
Anne Marden: Genau, schon im zweiten Quartal haben sich globale Aktien dann rapide erholt. Der MSCI World Index verzeichnete einen Wertzuwachs von 19,4 Prozent in lokaler Währung. Und dieser positiven Entwicklung schlossen sich auch Aktien des Sektors Gesundheitswesen sowie der Global Healthcare Fund an, sodass der Fonds das erste Halbjahr sogar mit einem Plus von 4,8 Prozent abschließen konte.
Welcher Sektor hat besonders zu der guten Wertentwicklung beigetragen?
Anne Marden: Alle Healthcare Sub-Sektoren haben über das erste Halbjahr hinweg eine sehr solide Wertentwicklung verzeichnen können, obwohl die Entwicklung der einzelnen Sektoren unterschiedlich ausgefallen ist. Biotechnologie profitierte deutlich, da Bemühungen um therapeutische Behandlungen und die Entwicklung eines Impfstoffs die Medien dominiert haben. Begründet durch das hohe Maß an Disruption der COVID-19 Pandemie, konnten sich Medtech-Aktien im zweiten Quartal sehr gut erholen und damit den Sell-Off im zweistelligen Abverkauf von Prozess-/ Geräte-dominierten Unternehmen ausgleichen. Innerhalb des Dienstleistungssektors haben sich Gesundheitsdienstleistungen schwächer entwickelt, da die Arbeitslosenzahlen in den USA stark angestiegen sind, was sich typischerweise negativ auf diesen Sektor auswirkt.
In welche interessanten Unternehmen waren Sie im 1. Halbjahr investiert?
Anne Marden: Dass sich unser Fonds in dieser volatilen Zeit so gut behaupten konnte, liegt sicherlich an der erfolgreichen aktiven Titelselektion. Ein Beispiel ist „Teladoc“, ein amerikanisches Unternehmen und der führende Anbieter von Tele-Medizin. Durch die globalen Social-Distancing Maßnahmen der verschiedenen Regierungen im Zuge von COVID-19, sind Aktien im Bereich der Tele-Medizin als Alternative zum klassischen Arztbesuch in den Fokus gerückt und konnten ihren Wert stark steigern. Auch digitale Kontrollsysteme wie „iRhythm“ (Herzrhythmus-Kontrolle) und „DexCom“ (Diabetes / Blutzuckerkontrolle) aben während der Pandemie von der strukturellen Entwicklung hin zu Ferndiagnosen durch Remote-Systeme profitiert und deutlich zugelegt.
Haben Sie das Portfolio bewusst an Corona-Themen angepasst?
Anne Marden: Nein, wir verfolgen einen langfristigen Investmentansatz und investieren in langfristige strukturelle Trends. Unser Fokus liegt dabei auf Healthcare-Unternehmen mit innovativen Behandlungen oder Technologien. Wir wollen im Portfolio Unternehmen halten, die langfristig Bestand haben und mit Innovationen in ihrem Bereich auch zukünftig erfolgreich sein können. Sicherlich haben wir das Portfolio moderat an die Marktentwicklung angepasst, aber haben keinesfalls wegen des Virus unsere gesamte Allokation neu ausgerichtet.
Was wir gleichwohl ausgenutzt haben, waren Ungleichgewichte im Markt: Da der Fokus über viele Monate fast ausschließlich auf Corona-Themen lag, kam es in anderen Marktsegmenten unseres Erachtens nach zu Verzerrungen, die wir nutzen konnten, beispielsweise bei mittleren und kleiner kapitalisierten Unternehmen. Wir fanden gute Opportunitäten mit attraktiven Bewertungen, z.B. im Bereich der Medizintechnik oder auch bei Unternehmen mit innovativen Ansätzen für einige der sogenannten ‚seltenen Krankheiten‘. Weitere Möglichkeiten ergeben sich in den Bereichen, in denen sich aufgrund weniger zeitkritischer Behandlungen im Moment Verschiebungen ergeben, z.B im Bereich Orthopädie, der Zahnimplantate oder bei Hörhilfen. Aber es waren tatsächlich nur Nuancen, die verändert wurden.
Wie ist Ihr Ausblick für den Rest des Jahres – für den Sektor und ihr Portfolio?
Anne Marden: Das Thema Gesundheit bleibt auch zukünftig ein Megatrend – unterstützt von konstantem Fortschritt in Wissenschaft und Technologie und der anhaltenden globalen Nachfrage. Bezüglich der Preissetzung von Medikamenten glauben wir, dass die Wahrscheinlichkeit für eine strukturelle Veränderung der Preise für innovative Therapien gering ist. Dennoch erwarten wir, dass sich der Preiswettbewerb für Medikamente in breiten Medikamentbereichen mit wenig klinischer Differenzierung fortsetzen wird.
Unsere Investments werden sich weiterhin auf Unternehmen fokussieren, die neue Therapeutik für noch unerfüllte medizinische Bedürfnisse bieten. Dort, wo neue Behandlungsansätze signifikante klinische Erfolge demonstrieren, verhält sich das regulatorische Umfeld sehr fördernd.
Unser Portfolio setzt sich diversifiziert aus allen vier Sub-Sektoren zusammen. Wir behalten unser Übergewicht im Bereich Biotechnologie bei. Im Gegensatz dazu gewichten wir teure und defensive Titel im Bereich Pharmazeutika und Medizintechnik unter. Innerhalb des Sub-Sektors Gesundheitsdienstleistungen behalten wir unsere Präferenz für spezialisierte Pflegedienstleister und ausgewählte Managed-Care Unternehmen bei, die Teil der Lösung sein werden, die Gesundheitsversorgung umfassend zugänglich zu machen. Auf jeden Fall bieten sich auch jenseits der Corona-Krise zahlreiche interessante Chancen!
Anne Marden ist bereits seit über 30 Jahren als Expertin für den Gesundheitssektor bei J.P. Morgan Asset Management in London tätig und managt den Global Healthcare Fonds seit seiner Auflegung vor mehr als zehn Jahren. Sie hat einen B.A.-Abschluss in Wirtschafts-wissenschaften der Universtität Princeton sowie einen M.B.A. von INSEAD. Anne Marden ist CFA-Charterholder.
Bereits vor ihrer Zeit als Fondsmanagerin hat sich Anne Marden einem Thema mit großer Leidenschaft gewidmet: Sie ist eine sehr erfolgreiche ehemalige Ruderin und gewann für das Team der USA 1984 die olympische Silbermedaille im Doppelvierer und 1988 die olympische Silbermedaille im Einer.