Warum die Weltwirtschaft - und die Märkte - immer noch Spielraum haben
MAKROÖKONOMISCHER AUSBLICK
Einige der Risiken, die die Weltwirtschaft belastet haben, lassen allmählich nach. Dennoch ist es noch zu früh für Entwarnung. Wir gehen davon aus, dass das Jahr 2020 von einem moderaten globalen Wachstum und einer mäßigen Inflation geprägt sein wird, wobei Abwärtsrisiken vorherrschen dürften.
Aktien haben aufgrund der Erwartung eines Handelsabkommens zwischen den USA und China, einer akkommodierenden Geldpolitik und eines konkreteren Zeitplans für den Brexit ein neues Allzeithoch erreicht, während die Zinsen weiterhin unter dem Vorjahresniveau liegen. Dieses scheinbare Abklingen der geopolitischen und politischen Unsicherheit ging mit einer leichten Verbesserung der Aktivität im Fertigungssektor – wenn auch von einem niedrigen Ausgangsniveau aus – einher. Allerdings geschieht dies zu einer Zeit, in der sich beim Konsum eine Stagnation abzeichnet.
Die Wachstumsentwicklung dürfte 2020 eher verhalten ausfallen, wobei die USA auf Trendniveau liegen dürften und der Rest der Welt etwas darüber. Das Rezessionsrisiko sollte weiterhin begrenzt bleiben, während andere Risiken weiter zunehmen könnten. Das Gewinnwachstum dürfte sich aufgrund der sinkenden Margen weiter verlangsamen, was die Unternehmen dazu veranlassen könnte, weniger Mitarbeiter einzustellen. Darüber hinaus bleiben auch geopolitische Risiken bestehen, sodass sich die Situation für Wirtschaft und Märkte mittelfristig wieder verschärfen könnte.
Moderates Wirtschaftswachstum
Während sich der globale Fertigungssektor im letzten Jahr rückläufig entwickelte, eilten die Verbraucher erneut zu Hilfe und kurbelten die Weltwirtschaft an. Eine Besserung beim Lagerbestand deutet darauf hin, dass der Industrie bessere Zeiten bevorstehen, aber wir sind noch nicht über den Berg. Insgesamt ist dieses Jahr mit einem schwachen Wachstum zu rechnen, das sich in der ersten Jahreshälfte allmählich dem Trendniveau annähert.
Eine Verbesserung der Aktivität im Fertigungssektor (Abbildung 1) dürfte das Wachstum in Europa und den Schwellenländer ankurbeln, während der US-Fertigungssektor schrittweise von der positiven Lagerentwicklung profitieren dürfte.
Die Situation an den Arbeitsmärkten wird sich voraussichtlich weiter anspannen, was zu steigenden Löhnen führen und den Konsum entsprechend begünstigen könnte.
Insgesamt sollte somit ein Umfeld moderaten Wirtschaftswachstums entstehen. Das Risiko besteht darin, dass wir den Rentabilitätsverlust der Unternehmen unterschätzen. Die Gewinne der im S&P 500 enthaltenen Unternehmen dürften 2019 um rund 5 % gestiegen sein. Für 2020 prognostizieren wir derzeit ein Wachstum im niedrigen bis mittleren einstelligen Bereich. Dieses Ergebnis wird jedoch von der Entwicklung der Gewinnmargen abhängen. Nach einem Höchststand von 12,1 % im dritten Quartal 2018 fielen die operativen Margen Ende des vergangenen Jahres auf rund 11,3 %. Wenn sich die Gewinnmargen 2020 bei 11 % einpendeln, sollte das Gewinnwachstum etwa 3 % betragen. Sollten sie jedoch unter 11 % sinken, so wird sich das Gewinnwachstum allmählich in Richtung Null entwickeln. Eine sinkende Rentabilität könnte die Unternehmen zu weniger Neueinstellungen veranlassen, was die Verbraucher und somit die Aussichten für das BIP-Wachstum belasten würde.
Inflation und Geldpolitik
Ein moderates Wirtschaftswachstum deutet darauf hin, dass das Risiko einer signifikant höheren Inflation begrenzt ist. Das Lohnwachstum dürfte keinen bedeutenden Anstieg erfahren und auch die Energiepreise dürften sich weiterhin seitwärts bewegen. Neben diesen zyklischen Faktoren sind auch strukturelle Kräfte am Werk. Die niedrige bzw. nicht vorhandene Teuerung physischer Güter dürfte die Gesamtinflation in Zukunft unter Kontrolle halten. Gleichzeitig dürfte die Gesamtnachfrage schwach bleiben, da die im Laufe des Zyklus an den Kapitalmärkten erzielten Gewinne und die Lohnzuwächse wohlhabenderen Personen zuteilwurden, die tendenziell weniger von ihrem verfügbaren Einkommen ausgeben als die unteren Einkommensgruppen. Fazit: Die Inflationsrate dürfte sich auch weiterhin relativ konstant entwickeln.
Vor diesem Hintergrund werden die Währungshüter zum Handeln bereit sein, wenn sich bei den Konjunkturdaten eine Verschlechterung abzeichnet. Nach ihrer mittzyklischen Anpassung erklärte die US-Notenbank (Fed), dass sich ihre Politik weiterhin nach den Daten richten wird, während die Europäische Zentralbank (EZB) bekannt gab, dass sie bereit, willens und in der Lage sei, im Notfall zu reagieren. Noch ist unklar, was die Bank of Japan (BoJ) als nächstes vorhat, aber ein kürzlich verabschiedetes Steuerpaket sollte der japanischen Wirtschaft 2020 auf die Sprünge helfen. Letztendlich dürfte die akkommodierende globale Geldpolitik die breitere Expansion weiter unterstützen.
Auswirkungen für Anleger
Insgesamt scheint 2020 ein Jahr moderaten Wachstums, mäßiger Inflation und akkommodierender Geldpolitik zu werden. Während das Potenzial für eine weitere Verschlechterung der Unternehmensrentabilität ein Risiko für diese Einschätzung darstellt, gehen wir in unserem Basisszenario nicht von einer Rezession in den nächsten 12 Monaten aus. Die geopolitischen Schocks, die die Wirtschaft in den vergangenen 24 Monaten erschüttert haben, könnten sich jedoch erneut bemerkbar machen – insbesondere im Hinblick auf die anstehende Präsidentschaftswahl in den USA.
In diesem heiklen Anlageumfeld wollen wir die Volatilität des Portfolios durch einen Fokus auf hochwertige Unternehmen und Strategien, die stabile Ertragsströme bieten, reduzieren, ohne das Aktienrisiko in den Portfolios zu erhöhen. Mit diesem Ansatz sind Anleger unserer Meinung nach gut aufgestellt, um von dem Gewinnpotenzial von Risikoanlagen zu profitieren. Es wird Zeiten geben, in denen eine defensivere Ausrichtung gefragt sein wird, aber noch sind wir nicht an diesem Punkt angekommen. In der jetzigen Situation haben die Märkte weiterhin Spielraum.