Wissenswertes über die CO₂-Bilanz eines Fonds
Die CO₂-Bilanz eines Fonds gibt an, inwieweit er den Risiken des Klimawandels ausgesetzt ist. Hier erläutern wir den von uns gewählten Messansatz, was wir daraus ableiten können und was nicht, und wie wir mit seinen Einschränkungen umgehen.
Definition der CO₂-Bilanz
Die CO₂-Bilanz misst die Belastung eines Investmentfonds durch klimawandelbedingte Risiken, die sich aus der Aufnahme von Wertpapieren verschiedener Unternehmen in den Fonds ergeben. Eine CO₂-Bilanz erfasst die von den Unternehmen emittierten Treibhausgase (THG), die zur globalen Erwärmung und Umweltverschmutzung beitragen. Es gibt sechs Treibhausgase, die im Kyoto-Protokoll aufgeführt sind: nicht nur Kohlendioxid (CO2), sondern auch Methan (CH4), Distickstoffoxid (Lachgas, N2O), Fluorkohlenwasserstoffe (HFKW), Perfluorkohlenwasserstoffe (PFC) und Schwefelhexafluorid (SF6). Um die CO₂-Bilanz zu berechnen, werden die Emissionen jedes Treibhausgases in Tonnen gemessen. Der Ausstoß der fünf anderen Gase außer CO2 wird in die entsprechende Menge an CO2-Emissionen umgewandelt. Jedes der fünf Gase hat einen Umrechnungsfaktor zur Berechnung seines CO2-Äquivalents, basierend auf seinem Treibhauspotenzial (GWP) über 100 Jahre. Durch die Umwandlung aller Treibhausgasemissionen in ein Kohlendioxidäquivalent (CO2e) in Tonnen kann der CO₂-Fußabdruck als einzelne Zahl angegeben werden.
Warum die CO₂-Bilanz wichtig ist
Anleger können sowohl ethische als auch wirtschaftliche Gründe für eine kritische Haltung zur CO₂-Bilanz haben. Aus ethischer Sicht ist allgemein anerkannt, dass Treibhausgasemissionen zur Erderwärmung und zum Klimawandel beitragen, einen steigenden Meeresspiegel und extremere Wetterbedingungen zur Folge haben, sowie zur Verschmutzung der Atmosphäre, der Meere und der Flüsse beitragen (z.B. durch Smog und sauren Regen). Aus wirtschaftlicher Sicht könnten auf Unternehmen, die große Treibhausgasemittenten sind, regulierungsbedingt höhere Kosten zukommen. In einigen Fällen könnte sogar ihre Existenz bedroht sein, zum Beispiel durch Verkaufsverbote für Benzin- und Dieselfahrzeuge. Fossile Brennstoffressourcen könnten zu „gestrandeten Vermögenswerten“ werden. Wenn beispielsweise keine Kraftwerkskohle mehr zur Stromerzeugung verwendet wird, haben einige Kohlevorkommen möglicherweise nur noch wenig bis gar keinen Wert und verbleiben im Boden. Die Bergbauunternehmen, denen sie gehören, könnten sich jedoch weiterhin mit Verbindlichkeiten konfrontiert sehen − Betriebsrenten, Entschädigungen für Berufskrankheiten wie Staublunge und Kosten für Umweltsanierungen. Viele Kohleunternehmen in den USA sind bereits in Konkurs gegangen, zum Teil sogar mehrmals.
Wie wir die CO₂-Bilanz messen
Die Regierungen verlangen von großen Unternehmen, dass sie ihre CO₂-Bilanz vorlegen. In Großbritannien etwa sind börsennotierte Unternehmen seit Oktober 2013 verpflichtet, ihre Treibhausgasemissionen zu melden. Die Vorschriften legen jedoch nicht fest, welche Messmethode angewendet werden soll. Es gibt viele verschiedene Möglichkeiten, Emissionen und den CO₂-Fußabdruck zu messen oder darzustellen, und Anleger müssen sich auf eine geeignete Methode verlassen können. Die bevorzugte Methode sollte relativ einfach zu berechnen und für alle wichtigen Anlageklassen wie z. B. Aktien und Unternehmensanleihen einheitlich anzuwenden sein. Zudem sollte sie die CO₂-Bilanz mit Investitionen verknüpfen, damit Anleger die CO₂-Intensität der Unternehmen und Branchen in ihren Portfolios verfolgen und Vergleiche zwischen Portfolios anstellen können.
Zur Messung der CO₂-Bilanz einzelner Unternehmen werden die CO2-äquivalenten Emissionen in der Regel als Summe der Scope-1- und Scope-2-Emissionen erfasst, ohne Scope-3-Emissionen (siehe Definitionen auf der kommenden Seite). Obwohl die Scope-3-Emissionen zweifellos von Bedeutung sind, werden sie von den Unternehmen derzeit noch sehr unterschiedlich berechnet und offengelegt.
Emissionen verstehen: Die drei Scopes
Ende der neunziger Jahre wurde das Treibhausgasprotokoll (GHG Protocol) eingeführt, um Bilanzierungsstandards für die Messung und Steuerung von Treibhausgasemissionen festzulegen und Unternehmen zu ermutigen, ihre Emissionen in einem Bericht zur Unternehmensverantwortung offenzulegen. Das GHG Protocol definierte drei entscheidende Bereiche („Scopes“) zur Kategorisierung von Emissionen.
Die Auswahl des Messverfahrens
Aus den Treibhausgasemissionen einzelner Unternehmen lässt sich der CO₂-Fußabdruck eines gesamten Investmentfonds oder Portfolios ableiten. Dafür gibt es vier verschiedene Möglichkeiten, die allgemein anerkannt sind.
Die einfachste Kennzahl sind die gesamten CO₂-Emissionen, die von einem Portfolio erzeugt werden
Wenn ein Fonds zum Beispiel 1 % der Marktkapitalisierung eines Unternehmens besitzt, ist er für 1 % seiner gesamten CO2-äquivalenten Emissionen verantwortlich. Die gesamte CO₂-Bilanz wird dann berechnet, indem man den Anteil des Fonds an den CO2-äquivalenten Emissionen aller Unternehmen im Fonds addiert. Ein Problem bei diesem Messverfahren besteht darin, dass sich der CO₂-Fußabdruck von Fonds oder Portfolios unterschiedlicher Größe nur schwer vergleichen lässt.
Eine zweite Methode zur Messung der CO₂-Bilanz eines Fonds oder eines Portfolios sind die relativen CO₂-Emissionen
Dabei werden die gesamten CO2-äquivalenten Emissionen eines Fonds in Relation zum Gesamtvolumen des Portfolios gesetzt und die Emissionen pro investierter Millionen US-Dollar berechnet. Ein Vorteil dieser Messmethode ist, dass die CO₂-Bilanzen von Portfolios unterschiedlicher Größe miteinander verglichen werden können. Ein Nachteil besteht darin, dass der CO₂-Fußabdruck bei einer Veränderung der Marktwerte zunehmen oder abnehmen kann, obwohl sich die CO₂-Emissionen der Portfoliounternehmen eventuell gar nicht geändert haben.
Die CO₂-Intensität ist eine Methode, um die Emissionen im Verhältnis zur Leistung der Unternehmen eines Fonds oder Portfolios zu messen
Sie betrachtet also die ökologische Effizienz oder Ineffizienz eines Unternehmens im Verhältnis zu seiner Geschäftsleistung. In der Regel dienen die Umsatzerlöse als bester Maßstab für die Unternehmensleistung. Dies erklärt die Tatsache, dass einige Unternehmen mit einer bestimmten Menge an CO₂-äquivalenten Emissionen wertvollere Güter und Dienstleistungen produzieren als andere. Die Methode berechnet den Anteil des Fonds an den CO₂-Emissionen jedes Unternehmens (anhand des Prozentsatzes des Unternehmenskapitals, das der Fonds besitzt) und dividiert diesen Wert durch den Fondsanteil am Jahresumsatz eines Unternehmens in Mio. USD. Der CO₂-Fußabdruck wird dann für jedes Unternehmen und für den gesamten Fonds als Höhe der CO2-äquivalenten Emissionen in Tonnen pro 1 Mio. USD der Umsätze angegeben.
Die vierte Methode zur Messung der CO₂-Bilanz eines Portfolios ist die gewichtete durchschnittliche CO₂-Intensität
Bei diesem Ansatz richtet sich die CO₂-Intensität verschiedener Unternehmen, in die ein Fonds investiert, nicht nach der Höhe der Investition im Verhältnis zur Marktkapitalisierung des Unternehmens, sondern nach der Höhe der Investition im Verhältnis zum Fondsvolumen. Der gesamte CO₂-Fußabdruck wird auch hier als CO2-äquivalente Emissionen in Tonnen pro 1 Mio. USD der Umsätze angegeben. Diese Methode ist jedoch flexibler und kann sowohl für Investitionen in Aktien als auch für Schuldtitel verwendet werden.
J.P. Morgan Asset Management hat sich für die gewichtete durchschnittliche CO₂-Intensität als Maßstab entschieden. Sie misst das Engagement eines Portfolios in kohlenstoffintensiven Unternehmen auf vergleichbare Weise, die sowohl auf Aktien- als auch auf festverzinsliche Anlagen angewendet werden kann. Somit kann sie als Messgröße für die Exposition eines Portfolios gegenüber klimawandelbedingten Risiken dienen, zum Vergleich mit anderen Portfolios oder mit einem Richtwert oder einer Benchmark. Wir betrachten sie daher als nützlichste Kennzahl für unsere Portfoliomanager, um die Risiken des Klimawandels zu überwachen und zu steuern bzw. Anleger zu informieren, die das CO₂-Risiko berücksichtigen möchten.
Den perfekten Maßstab gibt es jedoch nicht. Obwohl verschiedene Protokolle und Standards die Messung der Treibhausgasemissionen von Portfolios bis zu einem gewissen Grad harmonisieren, bestehen nach wie vor Unterschiede im Reporting. Darüber hinaus sind die Messungen des CO₂-Fußabdrucks nur so gut wie die Daten, mit denen sie berechnet werden. Die Datenqualität variiert je nach Land und Unternehmen, und manche Unternehmen legen weiterhin keine Emissionen vor. In diesem Fall verwenden Datenanbieter (wie MSCI ESG CarbonMetrics) ihre eigenen Schätzmethoden.
Eine weitere Einschränkung besteht darin, dass die gewichtete durchschnittliche CO₂-Intensität nicht auf alle Portfolios angewendet werden kann. Sie kann für direkte Engagements in Unternehmenstiteln (also Aktien und Anleihen) gemessen werden. Sie berücksichtigt jedoch keine indirekten Beteiligungen über Derivate wie Index-Futures, erfasst keine Short-Positionen und lässt sowohl Staatsanleihen als auch das Währungsrisiko in den Portfolios außer Acht.
Ein bewegliches Ziel
Jede Messung der CO₂-Emissionen ist naturgemäß rückwärtsgewandt und ignoriert die Tatsache, dass viele Unternehmen ihre Geschäftsmodelle anpassen. Zum Beispiel stellen Reedereien aufgrund der neuen Vorschriften im Jahr 2020 entweder auf schwefelarme Kraftstoffe um oder installieren Filteranlagen, um die Emissionen von Brennstoffen mit höherem Schwefelgehalt zu reduzieren. Auch Energieunternehmen verlagern ihren Brennstoffmix von Kohle auf Erdgas und erneuerbare Energien. Andere Firmen kompensieren ihre Emissionen durch Maßnahmen zur Reduzierung des CO₂-Ausstoßes oder durch den Handel mit Emissionsgutschriften in Regionen wie der EU.
Unsere Analysten führen eingehendere Untersuchungen durch und beurteilen, ob die von den Unternehmen gemeldeten CO₂-Emissionen ihren tatsächlichen Fußabdruck im Laufe der Zeit eventuell zu hoch oder zu niedrig ausweisen. Zudem kann die CO₂-Bilanz durch vorausschauendere Kennzahlen ergänzt werden. Diese erleichtern die Prognose höherer CO₂-Emissionen (etwa aus fossilen Brennstoffreserven, mit Schwerpunkt auf Kohle, Ölsande, Schieferöl und Schiefergas) oder geringerer Emissionen (z. B. durch sauberere Technologien, Energieeffizienz, alternative Energie, nachhaltige Wasserwirtschaft oder Vermeidung von Umweltverschmutzung).
Das Potenzial zur Anpassung – oder sogar radikalen Veränderung – der Geschäftsmodelle bietet unseren Teams die Grundlage, um einen konstruktiven Dialog mit den Unternehmen aufzubauen. Dabei geht es um eine bessere Offenlegung und Governance sowie die langfristige Reduzierung der CO₂-Emissionen. Einige Unternehmen haben sich die Regierungen als Beispiel genommen und ehrgeizige Ziele für mehrere Jahre oder gar Jahrzehnte festgelegt, die sie letztendlich zur Klimaneutralität verpflichten, ohne Nettoemissionen von Treibhausgasen. Der CO₂-Fußabdruck ist daher ein bewegliches Ziel.
Informationen zur CO₂-Intensität eines Fonds finden Sie im vierteljährlichen ESG-Fondsbericht für den jeweiligen Fonds, der auf unserer Website oder bei Ihrem Ansprechpartner bei J.P. Morgan Asset Management erhältlich ist.