Die heutigen Bargeldzinsen sind eine Fata Morgana. Sie werden wahrscheinlich verschwinden, wenn sich eine Rezession anbahnt.
Die negative Korrelation zwischen Aktien- und Anleihekursen war über weite Strecken der letzten zwei Jahrzehnte eine tragende Säule der Portfoliokonstruktion. Mit dem Wiederaufflackern der Inflation kehrte sich dieses Verhältnis im Jahr 2022 um, und sowohl Anleihen als auch Aktien verloren an Boden, da der Markt höhere Leitzinsen einpreiste, um dem anhaltenden Preisdruck zu begegnen. Während die Inflation in diesem Jahr deutlich zurückgegangen ist, sind die Korrelationen zwischen Aktien und Anleihen hartnäckig positiv geblieben. Dies stellt Anlegerinnen und Anleger, die diversifizierte Portfolios aufbauen möchten, vor Herausforderungen.
Mit Blick auf die Zukunft erwarten wir, dass die Korrelation zwischen Aktien und Anleihen in unserem Basisszenario für die Wirtschaft im nächsten Jahr wieder in den negativen Bereich zurückkehrt. Wir rechnen damit, dass sich die Inflation durch das schwächere Wachstum letztlich dem Zielwert nähern wird, was wiederum den Zentralbanken Spielraum für Zinssenkungen zur Stützung der Wirtschaft verschaffen dürfte.
Dieses Ergebnis würde zwar die Diversifizierung im Jahr 2024 erleichtern, allerdings gehen wir auch für die kommenden Jahre von einer höheren Volatilität der Korrelation zwischen Aktien und Anleihen aus, vor allem, weil wir davon ausgehen, dass die Inflationsvolatilität auch mittelfristig höher bleiben wird.
Der Klimawandel führt bereits zu stärkeren Schwankungen bei den Lebensmittelpreisen, wie die sommerliche Dürre in Indien als eines der jüngsten Beispiele zeigt. Das Tempo der Energiewende dürfte daher stärker in den Blickpunkt rücken. Doch auch wenn viele Wind- und Sonnenenergiequellen inzwischen preiswerter sind als ihre Pendants aus fossilen Brennstoffen, sind angesichts der Unbeständigkeit der erneuerbaren Energien immer noch erhebliche Preisschwankungen zu erwarten. Die Rolle, die US-amerikanische Zulieferer in den letzten zehn Jahren an den Ölmärkten gespielt haben, um die Kursvolatilität zu dämpfen – durch eine Ausweitung der Produktion bei steigenden Preisen und umgekehrt –, ist inzwischen nicht mehr so ausgeprägt.
All diese Verschiebungen dürften die Inflationsschwankungen und damit die Unberechenbarkeit der Korrelation zwischen Aktien und Anleihen verstärken.
Für Anleger verstärkt eine weniger einheitlich negative Korrelation zwischen Aktien und Anleihen die Notwendigkeit, sich durch eine Diversifizierung der Vermögenswerte gegen unterschiedliche Risiken abzusichern. Anleihen werden auch weiterhin das wichtigste Instrument zur Diversifizierung gegen eine disinflationäre Rezession sein, bei der die Notenbanken zu Hilfe eilen können. Wenn aber nicht ein zu geringes Wachstum, sondern eine zu hohe Inflation das Problem ist, dann ist ein breiteres Spektrum an Diversifizierungsinstrumenten erforderlich.
Wir sehen daher eine wachsende Rolle in Portfolios für Real Assets, wie z. B. private Infrastruktur und Holz. Diese Anlageklassen wiesen in der Vergangenheit, wie 2022 gezeigt hat, eine geringe Korrelation zu traditionellen Vermögenswerten auf und können oftmals zu einer Streuung als Schutz vor Inflationsschocks beitragen, die zu Phasen mit einer positiven Korrelation zwischen Aktien und Anleihen führen.
Für Anlegerinnen und Anleger, die keinen Zugang zu Vehikeln des Privatmarkts haben, werden andere Diversifizierer angeboten. Einige Alternativen an den öffentlichen Märkten – beispielsweise Immobilienfonds – haben in letzter Zeit enttäuscht, da steigende Renditen zu einer aktienähnlichen Volatilität geführt haben. Aber Rohstoffstrategien und Hedgefonds (die häufig von einer höheren Marktvolatilität profitieren) könnten ebenfalls dazu beitragen, Portfolios zu schützen, wenn sowohl Aktien als auch Anleihen fallen.