
Zusammenfassung
- USA: Eine starke Margenverbesserung und breitere Gewinnentwicklung dürften zu einer Beschleunigung des Gewinnwachstums führen, wobei Zölle das größte Risiko für die Konsensprognosen darstellen.
- Europa ohne Großbritannien: Die Prognosen erwarten, dass ein steigender Konsum ein schnelleres Gewinnwachstum bewirkt, doch US-Zölle würden etliche Branchen vor Herausforderungen stellen.
- Großbritannien: Die im Vergleich zu anderen Regionen schwächeren Prognosen zum Gewinnwachstum spiegeln die Sektorzusammensetzung des britischen Leitindex sowie einige Gegenwinde im Inland wider.
- Japan: Ein günstiges makroökonomisches Umfeld dürfte zu einer Beschleunigung des Gewinnwachstums führen. Handelsspannungen und der Yen bleiben jedoch wichtige Themen.
Einführung
Mit Blick auf 2025 erwarten die Analystinnen und Analysten ein starkes Jahr für die Unternehmensgewinne. In der Regel sind die Gewinnprognosen zu Jahresbeginn recht optimistisch, und mit der Zeit werden die Erwartungen oft nach unten korrigiert. Nach den robusten Aktienerträgen von 2024 und angesichts der hohen Bewertungen – insbesondere in den USA – besteht allerdings weniger Spielraum, um etwaige Gewinnenttäuschungen in diesem Jahr durch einen Anstieg der Bewertungskennzahlen auszugleichen. Dieser Beitrag behandelt einige der Themen, die die Gewinnprognosen für 2025 beeinflussen. Wir analysieren, worauf Anlegerinnen und Anleger achten müssen, um die Gewissheit zu haben, dass das Gewinnwachstum auf Kurs bleibt.
USA: Die lang ersehnte Ausweitung
Für 2025 gehen die Analystinnen und Analysten davon aus, dass sich das Wachstum des Gewinns je Aktie (GjA) im S&P 500 auf 14% gegenüber dem Vorjahr beschleunigen wird. Beim Umsatzwachstum wird nur ein leichtes Plus erwartet, was wahrscheinlich das relativ ähnliche nominale Wachstumsumfeld in den USA widerspiegelt.
Der für 2025 erwartete Anstieg des Gewinnwachstums je Aktie ist also auf die Margen zurückzuführen. Sollte die Konsensprognose von 13,4% für den S&P 500 im Jahr 2025 tatsächlich erreicht werden, wäre es die höchste jährliche Gewinnmarge seit mindestens 2004. Dieser Optimismus beruht möglicherweise auf der erwarteten Deregulierung durch die neue US-Regierung sowie auf der Möglichkeit weiterer Unternehmenssteuersenkungen auf die inländische Produktion.
Bei genauerer Betrachtung der Geschäftszahlen rechnen die Analystinnen und Analysten mit einer gewissen Ausweitung des Gewinnwachstums über die „Glorreichen Sieben“ hinaus. Für diese Mega-Cap-Werte wird zwar weiterhin ein hohes Gewinnwachstum je Aktie prognostiziert, das mit 21% zum Vorjahr jedoch geringer ausfällt als 2024. Außerhalb der Glorreichen Sieben wird für 2025 dagegen ein Anstieg des Gewinnwachstums je Aktie auf 13% zum Vorjahr erwartet.
Mit Blick auf einige Schlüsselsektoren hatten Energie- und Grundstoffunternehmen 2024 mit einem schwächeren Wachstum in China und sinkenden Ölpreisen zu kämpfen. Im Jahr 2025 dürften diese Gegenwinde zumindest teilweise nachlassen und beide Sektoren wieder ein positives Gewinnwachstum verzeichnen. Im Gegensatz dazu wird sich das Gewinnwachstum je Aktie im USFinanzsektor voraussichtlich auf etwa 8% gegenüber dem Vorjahr verlangsamen, da ein wahrscheinlich niedrigerer durchschnittlicher Leitzins zu niedrigeren Nettozinsmargen führen wird.
Im Gesundheitswesen waren die Margen im Jahr 2024 sogar rückläufig, bedingt durch Faktoren wie die aufgestaute Nachfrage nach der Pandemie, die Preisgesetzgebung und das nach wie vor hohe Lohnwachstum. Nach Ansicht der Analystinnen und Analysten werden diese negativen Einflüsse 2025 etwas nachlassen, was – neben der stärkeren Nachfrage nach Medikamenten zur Gewichtsabnahme – ein höheres Gewinnwachstum erwarten lässt.
Auch in der Industrie wird mit einem Anstieg des Gewinnwachstums je Aktie gerechnet, was zum Teil die Erwartungen hinsichtlich einer weiteren Inlandsverlagerung der Produktion und der steigenden Nachfrage durch „Megaprojekte“ widerspiegelt. Parallel dazu dürften die Gewinne in Teilsektoren wie Rechenzentren und Energieinfrastruktur von den KI-bezogenen Ausgaben profitieren. Die Gewinnprognosen je Aktie könnten allerdings einbrechen, wenn umfassende Einfuhrzölle verhängt werden, da einige Industrieunternehmen auf importierte Zwischenprodukte angewiesen sind.
Insgesamt erwarten die Analystinnen und Analysten im Megacap-Technologiesektor ein weiterhin robustes, wenn auch verlangsamtes Gewinnwachstum. Dies wird einen großen Einfluss auf die Indexgewinne haben, da Technologiewerte ein Drittel der Gewichtung im S&P 500 ausmachen. Es sind jedoch die besseren Aussichten für die „herkömmlichen“ Sektoren wie Industrie, Rohstoffe und das Gesundheitswesen, die zu höheren Gewinnprognosen je Aktie für 2025 führen.
Europa ohne Großbritannien: Der Konsum entscheidet
Nach einem schwierigen Jahr 2024, in dem die schwache Wirtschaftslage das Gewinnwachstum belastete, dürften 2025 sowohl die Margen als auch die Umsätze wieder zulegen. Daher wird für den MSCI Europe ex-UK Index im Jahresvergleich ein Gewinnwachstum je Aktie von 8% erwartet.
Ein Grund für diese Erholung ist der Sektor für zyklische Konsumgüter, wo die Gewinne im Jahr 2024 zurückgingen, für 2025 jedoch ein Plus von 12% gegenüber dem Vorjahr prognostiziert wird. Diese Prognosen basieren auf einem stärkeren Binnenkonsum, der durch ein positives Wachstum der Reallöhne, niedrigere Zinsen und ein steigendes Verbrauchervertrauen angetrieben wird. Breit angelegte USZölle oder eine erneute Konjunkturschwäche in China könnten die Erwartungen der Analystinnen und Analysten allerdings gefährden, denn 19% des Branchenumsatzes werden in den USA und 12% in China erwirtschaftet.
Ferner rechnen die Prognosen mit einem stärkeren Gewinnwachstum je Aktie bei Industrieunternehmen, die gemessen an der Marktkapitalisierung fast ein Fünftel des Index ausmachen. Wie in den USA dürften auch die Erträge europäischer Industriekonzerne durch staatliche „Megaprojekte“ angekurbelt werden. Niedrigere Zinsen sollten ebenfalls unterstützend wirken, obwohl erneut anzumerken ist, dass jede Einführung von Zöllen durch die USA die Konsensprognosen gefährden würde, da fast ein Viertel der Umsätze der Industrie aus Amerika stammen.
Die Gewinne im europäischen Gesundheitssektor – die zu etwa einem Viertel auf Novo Nordisk entfallen – werden voraussichtlich von der steigenden Nachfrage nach Medikamenten zur Gewichtsabnahme und anderen innovativen Pharmazeutika profitieren.
Im Finanzsektor erwarten die Analystinnen und Analysten für 2025 zu guter Letzt ein verlangsamtes Gewinnwachstum je Aktie, da die Prognosen für niedrigere Leitzinsen zu geringeren erwarteten Nettozinsmargen führen. Angesichts der Tatsache, dass Finanzunternehmen 20% des MSCI Europe ex-UK Index ausmachen, ist ein rückläufiges Gewinnwachstum je Aktie in diesem Sektor für Europa bedeutsamer als für die USA.
Insgesamt gehen die Gewinnprognosen für Kontinentaleuropa von einer allgemeinen Erholung der Gewinne aus, die auf einer Belebung des inländischen Konsums und einer robusten US-Nachfrage beruhen dürfte. Die größte Gefahr für die diesjährigen Gewinnerwartungen ist daher das Risiko weitreichender US-Zölle, die eine Reihe von Sektoren belasten würden.
Großbritannien: Globale Kräfte überwiegen inländische Faktoren
Die Erwartungen für in Großbritannien notierte Unternehmen sind gedämpfter. Die Konsensschätzungen prognostizieren für 2025 ein Gewinnwachstum je Aktie von 5% gegenüber dem Vorjahr. Diese Beschleunigung ist auf die erwartete Normalisierung der Margen nach einem schwachen Jahr 2024 zurückzuführen, da mit einer Verlangsamung des Umsatzwachstums gerechnet wird.
Die Umsätze britischer Unternehmen sind besonders international ausgerichtet: 78% der Umsätze des MSCI UK stammen aus dem Ausland, davon entfallen 22% auf die USA und 7% auf China. Vor diesem Hintergrund könnten die zunehmenden Spannungen zwischen den USA und China im Jahr 2025 – neben der allgemeinen geopolitischen Unsicherheit – ein Faktor für die relativ verhaltenen Prognosen zum Umsatzwachstum sein, ebenso wie die zuletzt schwächeren Aktivitätsdaten aus Großbritannien.
Im Gegensatz zu ihren Mitbewerbern in anderen Regionen wird sich das Gewinnwachstum je Aktie bei britischen Finanzunternehmen (der größte Sektor im MSCI UK Index) voraussichtlich beschleunigen, wenn auch nur moderat auf knapp über 5% zum Vorjahr. Darin spiegelt sich teilweise die Erwartung wider, dass die Bank of England aufgrund der anhaltenden Inflation nur begrenzte Zinssenkungen vornehmen wird, was sich wiederum positiv auf die Nettozinsmargen auswirken würde. Da zudem 88% der Umsätze britischer Industrieunternehmen im Ausland erwirtschaftet werden (49% in den USA), hängen die höheren Prognosen zum Gewinnwachstum je Aktie auch mit der Nachfrage seitens internationaler „Megaprojekte“ zusammen.
Insgesamt sind die Konsenserwartungen hinsichtlich der Unternehmensgewinne in Großbritannien für 2025 relativ gedämpft. Positive Überraschungen dürften eher von internationalen als von heimischen Faktoren ausgehen. Da der Energiesektor einen großen Teil des britischen Leitindex ausmacht, ist die weltweite Ölnachfrage ebenfalls ein wichtiger Punkt, den man im Auge behalten sollte.
Japan: Handelsbeziehungen und der Yen sind entscheidend
Der MSCI Japan Index wird 2025 laut Prognosen ein Gewinnwachstum je Aktie von 9% gegenüber dem Vorjahr verzeichnen, das sowohl auf steigende Umsätze als auch auf höhere Margen zurückzuführen ist. Die höheren Erwartungen an das Umsatzwachstum beruhen vermutlich auf einem stärkeren Lohnwachstum, das zu einem robusteren Binnenkonsum führt. Die anhaltenden Reformen der Unternehmensführung sowie der zunehmende Einfluss der Löhne auf die Preise dürften den Margen ebenfalls zugutekommen.
Der japanische Aktienmarkt ist stark exportorientiert, lediglich 45% der Umsätze werden im Inland erwirtschaftet. Daher ist die Stärke des Yen für die japanischen Unternehmensgewinne von entscheidender Bedeutung. Ein restriktiverer Kurs der Bank of Japan ist somit ein wesentliches Risiko für die diesjährigen Prognosen der Analystinnen und Analysten.
Ein besonders exportorientierter Sektor ist die IT-Branche, wo fast ein Viertel der Umsätze in China und weitere 12% in Korea und Taiwan erzielt werden. Hier erwarten die Analystinnen und Analysten eine Beschleunigung des Gewinnwachstums je Aktie, wahrscheinlich aufgrund der anhaltenden KI-Nachfrage und der nationalen Halbleiterpolitik. Umfassende US-Zölle oder eine neuerliche Schwäche in China stellen jedoch ein Risiko für die Konsensprognosen dar.
Der Sektor für zyklische Konsumgüter, der rund ein Fünftel des breiteren Index ausmacht, dürfte in diesem Jahr ein starkes Gewinnwachstum von fast 10% gegenüber dem Vorjahr erzielen, nachdem er 2024 geschrumpft war. Da ein Drittel der Umsätze im Inland und 25% in den USA generiert werden, scheinen die Schätzungen der Analystinnen und Analysten sowohl eine Erholung des Inlandsverbrauchs als auch einen robusten US-Konsum einzupreisen.
Insgesamt zeichnen die Konsensprognosen der Gewinne im Jahr 2025 ein positives Bild für Japan, das durch ein günstiges makroökonomisches Umfeld untermauert wird. Angesichts der internationalen Präsenz japanischer Unternehmen könnten ein starker Yen oder eskalierende Handelskonflikte die Ertragslage allerdings beeinträchtigen.
Zusammenfassung
Nach einem Jahr, in dem steigende Bewertungsmultiplikatoren ein wesentlicher Ertragsfaktor waren, sind die Gewinnergebnisse für weitere Zuwächse im Jahr 2025 von entscheidender Bedeutung. Dies gilt insbesondere für die USA, wo die Bewertungen weitgehend ausgereizt und die Gewinnerwartungen optimistisch sind. Darüber hinaus dürften andere Regionen beim Gewinnwachstum gegenüber den USA aufholen, wobei es insbesondere auf die globalen Handelsbeziehungen ankommt.