Mitte Januar 2020 haben die USA und China ein „Phase-Eins“-Handelsabkommen unterzeichnet. Dieses Abkommen wurde als Mittel zur Entschärfung der zunehmenden Handelsspannungen zwischen den beiden Ländern dargestellt. Doch weder die US-noch die chinesischen Zölle sind auf die Niveaus vor dem Handelskrieg gesunken, und US-amerikanische Unternehmen beklagen sich über einen dauerhaften Verlust von Marktanteilen in China. Die politischen Entscheidungsträger auf beiden Seiten des Pazifiks betonten jedoch, dass ihre Arbeit noch nicht abgeschlossen ist und mehrere Fragen nach wie vor offen sind.
Phase 1
US-Präsident Donald Trump gab kurz nach seiner Amtsübernahme bekannt, dass seine Regierung gegenüber China Maßnahmen gemäß „Sec. 301“ ergreifen würde. Dies ist inzwischen eine gängige Abkürzung für „Section 301“ des Handelsgesetzes von 1974. Darin wird der Präsident der Vereinigten Staaten dazu ermächtigt, Untersuchungen einzuleiten, wenn der Verdacht besteht, dass US-Unternehmen im Ausland unfair behandelt werden. Wird hierbei festgestellt, dass ein unlauterer Wettbewerb vorliegt, ist der US-Präsident befugt, Strafzölle zu erlassen. Seit diesem Bericht befinden sich die USA und China in einer Spirale gegenseitiger Zölle. Seit zwei Jahren werden die Zölle angehoben, unterbrochen von kurzen Pausen, in denen die politischen Entscheidungsträger über ein Abkommen verhandelten, um eine weitere Eskalation zu vermeiden –nur um die Zölle am Ende erneut zu erhöhen, weil die Handelsgespräche ins Leere laufen. Diese Spirale der Handelsspannungen hat sowohl in den USA als auch in China das Geschäftsklima belastet und dazu geführt, dass Unternehmen Investitionsprojekte verschieben oder ganz einstellen. Auch die Volatilität auf dem Markt hat aufgrund des Handelskonflikts deutlich zugenommen.
Insgesamt sind die durchschnittlichen US-Zölle auf chinesische Importe von 3,1% im Januar 2018 auf 20,9% gestiegen. Der chinesische Durchschnittszollsatz auf US-Importe hat sich im gleichen Zeitraum von 8,0% auf 20,9% erhöht, da China auf die US-Zölle mit eigenen Zollerhöhungen reagierte und zudem seine nichttarifären Handelshemmnisse verstärkte.
Am 15. Januar unterzeichneten die USA und China das sogenannte „Phase-Eins“-Handelsabkommen. Dieses Abkommen sieht vor, dass die USA das angekündigte Inkrafttreten weiterer Zölle aussetzen, China nicht mehr der Währungsmanipulation bezichtigen und die bestehenden Zollsätze für mehrere Güter von 15% auf 7,5% senken. Im Gegenzug wird China in den kommenden zwei Jahren seine Importe aus den USA um rund 200 Mrd. US-Dollar erhöhen, Finanzunternehmen einen besseren Zugang zum chinesischen Markt ermöglichen, Schutzrechte am geistigen Eigentum durchsetzen und sein Währungsmanagement transparenter gestalten (siehe Tabelle auf der nächste Seite).
Mehrere Kernkonflikte zwischen den beiden Ländern bleiben trotz dieses Abkommens ungelöst, insbesondere die industriepolitische Strategie Chinas. Die politischen Entscheidungsträger haben ausdrücklich betont, dass sie die Verhandlungen rund um diese und weitere Fragen fortsetzen werden –es bleibt zu hoffen, dass in naher Zukunft weitere Zollsenkungen vereinbart werden. Es gibt berechtigte Zweifel daran, ob bei den Verhandlungen in diesem Jahr Fortschritte erzielt werden. Die US-amerikanischen Regierungsvertreter werden wahrscheinlich über einen längeren Zeitraum hinweg beobachten wollen, ob China die Bedingungen des „Phase-Eins“-Abkommens einhält, bevor man zu Phase zwei übergeht.
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Auswirkungen auf die Anlagestrategie
Diese Zollsenkung fällt wahrscheinlich geringer aus, als die politischen Entscheidungsträger in China gehofft hatten. Vertreter der US-Regierung haben bereits zu verstehen gegeben, dass sie bis zu den Wahlen im November 2020 keine weiteren Zollsenkungen beabsichtigen. Berichten zufolge sind die größten Hardliner unter den US-Politikern auch enttäuscht, dass die chinesischen Subventionen für Schlüsselindustrien unangetastet blieben. Unseres Erachtens ist es jedoch am wichtigsten, dass das Abkommen weitgehend dem entspricht, was die Märkte von einem Handelsabkommen in diesem Jahr erwartet hatten. Die Kurse von Risikoanlagen haben nach der Bekanntgabe des Abkommens entsprechend reagiert.
Die Anleger sollten jedoch nicht davon ausgehen, dass sich die Handelsspannungen zwischen den USA und China vollständig in Luft aufgelöst haben. Neben den zahlreichen Fragen, die vor einem „Phase-Zwei“-Abkommen noch geklärt werden müssen, dürften weitere heikle Themen in diesem Jahr für Schlagzeilen sorgen, darunter das Ausfuhrverbot, das die USA gegenüber mehreren chinesischen Unternehmen verhängt haben, die stärkere Kontrolle chinesischer Auslandsinvestitionen und die Frage, ob China seiner Verpflichtung zur Gleichbehandlung aus-und inländischer Unternehmen in China nachkommt. Für die Anleger bedeutet das, dass die Märkte auch weiterhin eine höhere Risikoprämie einpreisen dürften, was im gesamten Jahresverlauf für höhere Volatilität sorgen könnte.