Bond Bulletin
18-08-2020
GFICC Investors
Die Suche nach dem Ertragspotenzial geht weiter
Der weltweite politische Rückenwind stützt die Kreditspreads nach wie vor. Bieten die Schwellenländer den Anlegern ein relatives Ertragspotenzial?
Fundamentaldaten
Erhebliche fundamentale Risiken überschatten noch immer die Finanzmärkte und die Weltwirtschaft, wobei die Schwellenländer weiterhin anfällig sind. In Südafrika und Kolumbien steigen die Coronavirus-Fälle kontinuierlich an, und in vielen anderen Ländern lassen die Infektionen vorerst nicht nach. Während makroökonomische Daten wie z. B. die Einkaufsmanagerindizes auf eine vorläufige Stabilisierung hindeuten, bestehen weiterhin erhebliche Unterschiede. Gleichzeitig könnten die jüngsten Spannungen zwischen den USA und China das Phase-1-Abkommen gefährden, zumal die US-Wahlen bevorstehen. Jeder dieser Faktoren würde normalerweise ausreichen, um die Schwellenländer zu belasten. Dies sind jedoch keine normalen Umstände. Vielmehr bleibt die schiere Wucht der Unterstützung durch die Zentralbanken und die Regierungspolitik eindeutig der dominierende Faktor. Die Anleger scheinen das Gefühl zu haben, dass die politischen Entscheidungsträger ihnen den Rücken stärken, und offenbar bräuchte es ein signifikantes negatives Schockereignis, um das Vertrauen der Märkte zu erschüttern.
Hochverzinsliche Staatsanleihen der Schwellenländer sind günstig im Vergleich zu US-Hochzinsanleihen

Quelle: Bloomberg, JPMorgan Chase & Co; Stand der Daten: 10. August 2020. EM = Emerging Markets (Schwellenländer). DM = Developed Markets (Industrieländer).
Quantitative Bewertungen
Die Spreads verringern sich nach wie vor auf der ganzen Welt, auch bei Anleihen der Schwellenländer. Die Spreads von Staatsanleihen in Hartwährung, die sich auf Indexebene im Juli um 35 Basispunkte (Bp.) verengt haben, sind im August bislang um weitere 28 Bp. auf 411 Bp. geschrumpft. Solange die Märkte technisch weiterhin gestützt werden, könnten sich die Spreads weiter verengen. Dabei ist noch ein Rückgang von 122 Bp. möglich, bevor wir die Tiefstände von Dezember 2019 erreichen. Außerhalb des Index könnten Anleger auf der Suche nach relativem Ertragspotenzial bei hochverzinslichen Staatsanleihen der Schwellenländer gut aufgehoben sein. Diese bieten im BB-Segment des Marktes einen soliden Spread von 88 Bp. gegenüber US-Hochzinsanleihen.
Technische Daten
Da die weltweite Renditejagd vorerst anhalten dürfte, werden die Schwellenländer dank ihrer relativ hohen Gesamtrenditen voraussichtlich profitieren. Auch die Angebots- und Nachfragedynamik ist günstig. Das Angebot lässt in den letzten Sommerwochen nach, wobei für den Rest des Jahres ein Bruttoangebot von 90 Mrd. USD erwartet wird, verglichen mit einem Durchschnitt von 160 Mrd. USD in den Vorjahren. Die Nachfrage zieht ebenfalls an, sodass Staatsanleihen in Hartwährung wieder erste Mittelflüsse verzeichnen (im August bisher 226 Mio. USD). Dies deutet auf ein gewisses Interesse an dieser Anlageklasse hin. Diese Zahlen sind jedoch gering im Vergleich zu Anleihen der Industrieländer (US-Hochzinstitel haben seit Monatsbeginn einen Mittelzufluss von 2,6 Mrd. USD verzeichnet). Das ist ein Indiz dafür, dass die Positionierung in Staatsanleihen der Schwellenländer noch recht dürftig ausfällt. (Stand der Daten: 11. August 2020.)
Was bedeutet dies für Anleiheninvestoren?
Generell dürften die Märkte in nächster Zeit enger notieren, da sich die Marktaktivität Ende August verlangsamt. Die Investoren werden von der Zentralbankpolitik weiterhin gut unterstützt und könnten von der Anlage in Spread-Produkten profitieren. Auch einzelne Relative-Value-Trades erscheinen attraktiv, sofern am Markt genügend Liquidität vorhanden ist. Zum Beispiel können auf US-Dollar lautende, hochverzinsliche Staatsanleihen der Schwellenländer ein Ertragspotenzial gegenüber Hochzinspapieren der Industrienationen bieten, deren Spreads bereits deutlich geschrumpft sind.