Global Asset Allocation Views Q4 2020
Themen und Auswirkungen des Strategiegipfels der Multi-Asset Solutions-Group
John Bilton
Das J.P. Morgan Multi-Asset Solutions Team trifft sich jedes Quartal zu einem zweitägigen Strategiegipfel, bei dem Senior-Portfoliomanager und Strategen ihre aktuellen Einschätzungen zur Asset-Allokation besprechen und die wichtigsten globalen Themen diskutieren. Diese Einschätzungen werden sich in Multi-Asset-Portfolios widerspiegeln, die vom Team verwaltet werden. Unsere Asset Allocation Views für das vierte Quartal 2020 präsentieren die Ergebnisse dieses Treffens.
In Kürze
- Die wirtschaftliche Erholung nimmt Fahrt auf, da sich die Makrodaten verbessern und das Geschäfts- bzw. Verbrauchervertrauen zulegt. Das beispiellose Ausmaß der geld- und fiskalpolitischen Impulse wird weiterhin zu einem starken Wachstumsschub führen.
- Dennoch sehen wir im vierten Quartal mehrere Ereignisrisiken wie die Unsicherheit über das Wahlergebnis in den USA, die Bedingungen eines etwaigen Brexit-Deals und die steigenden COVID-19-Fälle in Europa. Es gibt aber auch potenzielle positive Überraschungen, vor allem in Bezug auf die Fiskalpolitik und einen Impfstoff.
- Aufgrund unseres konstruktiven Basisszenarios bleibt es zwar bei einer risikofreundlichen Ausrichtung in unseren Multi-Asset-Portfolios; trotzdem erwarten wir im Herbst eine gewisse Volatilität, sodass wir weiterhin auf eine gute Diversifizierung und Flexibilität achten. Wir verteilen unser Risiko auf Aktien und Anleihen und bevorzugen bei Aktien eine breite regionale Diversifizierung. Ferner setzen wir auf eine Untergewichtung des US-Dollars, der nachgeben könnte, wenn die globale Erholung an Dynamik gewinnt. Obwohl wir Duration leicht untergewichten, nutzen wir stattdessen dank der Stützungsmaßnahmen der Zentralbanken an den Kreditmärkten mitunter hochwertige Unternehmensanleihen.
DIE VOLATILITÄT AN DEN GLOBALEN AKTIENMÄRKTEN SEIT ANFANG SEPTEMBER STEHT IM STARKEN GEGENSATZ ZU DEM RUHIGEN
Der Gesamteffekt besserer Makrodaten, einer unerwartet guten Gewinnsaison und rückläufiger Virusfälle in Europa und den USA hat die Aktien- und Kreditmärkte im dritten Quartal lange Zeit beflügelt. Kurz vor Beginn des vierten Quartals scheinen sich die Anleger jedoch wieder mit den Ereignisrisiken zu beschäftigen, die in den nächsten Monaten anstehen, zumal sich zeigte, dass sich die Infektionszahlen in Europa wieder verschlechtern.
Das Gleichgewicht zwischen der besseren makroökonomischen Dynamik und den kurzfristigen Extremrisiken bestimmte einen Großteil der Diskussion im Rahmen unseres Strategiegipfels Mitte September. Aus unserer Sicht kommt die wirtschaftliche Erholung allmählich in Schwung und wir erwarten bis 2021 eine robuste Expansion, aber die Extremrisiken sind greifbar – und zwar in beiden Richtungen. Unser konstruktives zentrales Szenario hat zur Folge, dass wir in unseren Multi-Asset-Portfolios eine risikofreundliche Ausrichtung beibehalten. Gleichzeitig erfordert die flachere aber massivere Verteilung der Extremrisiken angesichts der äußerst niedrigen Anleihenrenditen einen durchdachten Portfolioaufbau.
Unser Optimismus in Bezug auf die zugrunde liegende wirtschaftliche Entwicklung mag den jüngsten Meldungen widersprechen, aber unabhängig von den reißerischen Schlagzeilen verbessern sich die Makrodaten weiter.
Die Auftragseingänge lassen weiterhin starke Einkaufsmanagerindizes erwarten, die asiatischen Exportdaten deuten auf einen robusten Konsumgütermarkt hin, hohe Sparquoten signalisieren relativ stabile Verhältnisse in den Privathaushalten, und das Vertrauen verbessert sich sowohl bei den Unternehmen als auch bei den Konsumenten.
Hinzu kommt das beispiellose Ausmaß der monetären und fiskalischen Anreize. Wir haben bereits angemerkt, dass die Abstimmung der geld- und fiskalpolitischen Hilfsmaßnahmen diesen Zyklus von seinem Vorgänger unterscheiden wird. Auch wenn die Verlängerung der Fiskalpakete in einigen Regionen noch nicht geklärt ist, sorgt der kombinierte Effekt der Nullzinspolitik und der 13,1 % des BIP, die von den G20-Staaten dieses Jahr für fiskalische Impulse bereitgestellt wurden, weiterhin für eine kräftige wirtschaftliche Erholung.
Dennoch sehen wir für das vierte Quartal gleich mehrere Ereignisrisiken. Derzeit herrscht große Unsicherheit über die US-Wahl und die Bedingungen eines etwaigen Brexit- Abkommens zwischen dem Vereinigten Königreich und der Europäischen Union. Obwohl wir davon ausgehen, dass die Fiskalpakete verlängert werden und die Geldpolitik extrem locker bleibt, werden die restriktiven Stimmen lauter und die Befürchtungen über die Schuldentragfähigkeit, die auf dem Höhepunkt der Corona-Krise nur gedämpft zu hören waren, werden zunehmend artikuliert. Die Entwicklung der Pandemie ist von zentraler Bedeutung für die Unsicherheit, die viele empfinden, und der jüngste Anstieg der Fallzahlen in Europa gibt Anlass zur Sorge. Wir rechnen zwar nicht mit einer Wiederholung der weitreichenden Kontaktbeschränkungen vom zweiten Quartal, aber gewisse Beeinträchtigungen sind unvermeidlich.
Das offenkundig höhere Risikoniveau im vierten Quartal könnte darauf hindeuten, dass es an der Zeit ist, das Portfoliorisiko zu senken. Eine gewisse Vorsicht mag gerechtfertigt sein, doch die Extremrisiken bestehen in beiden Richtungen. Sicherlich sollte man das Aufwärtspotenzial im Zusammenhang mit einem Impfstoff, einer weiteren Lockerung der Geldpolitik und einer erneuten fiskalischen Unterstützung nicht ignorieren. Zudem stellen wir fest, dass sich die Unternehmensgewinne allmählich erholen und mit Blick auf 2021 starke Basiseffekte zu berücksichtigen sind. Die Anzeichen für vermehrte Investitionen und einen Wiederaufbau der Lagerbestände stellen ebenfalls Potenzial für positive Überraschungen dar.
Auf Portfolioebene bleibt es bei der Übergewichtung von Aktien und Unternehmensanleihen, während wir an unserer Untergewichtung von Staatsanleihen festhalten. Außerdem stufen wir unsere Einschätzung des US-Dollar auf eine Untergewichtung herab, da wir beim Greenback einen weiteren, wenn auch graduellen Abwärtstrend erwarten.
Wir versuchen, unser Risiko über Aktien und Anleihen hinweg zu streuen. Bei Aktien bevorzugen wir eine breite regionale Diversifizierung und gewichten Titel aus Europa und den Schwellenländern (EM) über, ebenso wie US-Aktien, mit einer Tendenz zu Small-Cap-Werten. Unsere am wenigsten bevorzugte Aktienregion ist Großbritannien, auch wenn unsere quantitativen Modelle auf die günstigen relativen Bewertungen britischer Aktien verweisen.
Unsere moderate Untergewichtung in Bezug auf die Duration konzentriert sich auf Regionen mit negativer Rendite wie zum Beispiel Kerneuropa, aber die niedrigen Renditen in allen Märkten ergeben insgesamt ein negatives Durationssignal unserer Quant-Modelle. Das Dilemma der Portfoliokonstruktion besteht darin, dass niedrige Zinsen auch den Grad der Absicherung verringern, die Anleihen bieten. In der Tat wäre ein hohes nominales Engagement in Anleihen erforderlich, damit die Duration als wirksame Absicherung fungiert. Dies würde wiederum die Portfolioerträge beeinträchtigen, wenn sich die niedrigen Wachstumserwartungen, die in die Renditen eingepreist sind, wieder erholen. Dank der Stützungsmaßnahmen der Zentralbanken an den Märkten für Unternehmensanleihen können wir in einigen Fällen Unternehmensanleihen hoher Bonität als Proxy für Duration verwenden; vor allem aber steht eine breite Streuung über verschiedene Anlageklassen hinweg weiterhin im Fokus.
Unsere Multi-Asset-Portfolios spiegeln unseren Optimismus wider, dass sich die im zweiten Quartal begonnene Erholung in den nächsten zwölf Monaten fortsetzen wird. Dennoch erwarten wir im Herbst eine gewisse Volatilität und werden voraussichtlich gleichermaßen gut diversifiziert und flexibel bleiben, um die letzten Monate des Jahres 2020 zu bewältigen.
Multi-Asset Solutions – Key Insights und „Big Ideas“
In früheren Ausgaben unserer Global Asset Allocation Views haben wir eine Grafik und eine Tabelle mit wichtigen globalen Themen gezeigt. Diese Themen halfen uns, die wirtschaftlichen und marktspezifischen Aussichten zu erörtern und die Asset-Allokation zu gestalten, die die Multi-Asset Solutions Gruppe in allen Portfolios zum Ausdruck brachte. Während einige dieser Themen noch aktuell sind, haben wir nun beschlossen, die Key Insights und die „Big Ideas“, die auf dem Strategiegipfel ausführlich erörtert wurden, zu teilen. Diese spiegeln die Kernansichten der Portfoliomanager und des Research-Teams der Multi-Asset Solutions-Gruppe wider und sind die gemeinsamen Perspektiven, auf die wir laufend zurückkommen und die wir in all unseren Diskussionen über die Asset-Allokation regelmäßig austesten. Wir verwenden diese Ideen, um unsere Portfolioschwerpunkte zu überprüfen und sicherzustellen, dass sie sich in allen unseren Portfolios widerspiegeln.
Einschätzungen zur aktiven Allokation
Diese Einschätzungen zu den Anlageklassen beziehen sich auf einen Zeithorizont von 12 bis 18 Monaten. Auf-/Ab-Pfeile stehen für eine positive (▲) oder negative (▼) Veränderung der Einschätzung seit dem letzten vierteljährlichen Strategiegipfel. Diese Einschätzungen sind nicht als Empfehlung für ein Portfolio zu verstehen. Diese Zusammenfassung unserer Einschätzungen der individuellen Anlageklassen spiegelt unseren Überzeugungsgrad und unsere relativen Präferenzen in einem breiten Spektrum von Anlageklassen wider, ist aber unabhängig von Überlegungen im Hinblick auf den Portfolioaufbau.

MULTI-ASSET SOLUTIONS
J.P. Morgan Multi-Asset Solutions verwaltet ein Vermögen von mehr als 220 Milliarden US-Dollar und kann dabei auf den fundierten Erfahrungsschatz sowie die beispiellosen Investmentkapazitäten eines globalen Asset Managers zugreifen.
Die Erkenntnisse des Asset Allocation Researchs bilden das Fundament des Anlageprozesses. Das spezialisierte globale Research-Team besteht aus über 20 Experten, die über jahrzehntelange Erfahrungen in den unterschiedlichsten Disziplinen verfügen.
- Qualitative Erkenntnisse, die gesamtwirtschaftliche Einblicke, Einschätzungen von Konjunkturzyklen sowie systematische und irreguläre Marktchancen umfassen.
- Quantitative Analysen, die Marktineffizienzen, Modelle für einzelne und mehrere Anlageklassen, sowie Relative-Value- und direktionale Strategien berücksichtigen.
- Regelmäßige Strategiegipfel und ein permanenter Dialog, in dessen Verlauf die Research- und Expertenteams die Einschätzungen des Unternehmens zur Asset Allokation diskutieren, hinterfragen und weiterentwickeln.
Stand: September 2020.