Willkommen im zweiten Jahr der Ära des Chaos, in dem die Zinssätze nicht mehr negativ sind und Inflation kein Lehrbuchkonzept mehr ist. In dieser schönen neuen Welt besteht weiterhin wachsendes Interesse an Investitionen in eine nachhaltigere Zukunft. Allerdings wird nachhaltiges Investieren erstmals nicht nur von Investoren und Aktivisten, sondern auch von Regulierungsbehörden und politischen Entscheidungsträgern einer umfassenden Prüfung unterzogen.
Die Debatte darüber, was nachhaltiges Investieren ist und besonders, was es nicht ist, wird 2023 voraussichtlich anhalten. Es besteht kein Zweifel, dass nachhaltiges Anlegen weiterhin aktuell bleibt. Es stellt sich aber die Frage, wie es nach einem jahrzehntelangen Bullenmarkt, Angriffen von Anti-ESG-Bewegungen (ESG: Umwelt, Soziales, Governance) und Greenwashing-Vorwürfen weitergeht. Angesichts des Chaos kommt es darauf an, sich auf die entscheidenden Signale zu konzentrieren, nicht auf das Rauschen.
Hier sind die fünf Themen aus dem Bereich des nachhaltigen Investierens, von denen wir glauben, dass sie für Anlegerinnen und Anleger im kommenden Jahr am wichtigsten sein werden:
1. Das Wachstum nachhaltiger Anlagen wird sich trotz Marktvolatilität fortsetzen
Globale ESG-Aktienfonds verzeichneten im Jahr bis November 2022 Nettozuflüsse, denen im gleichen Zeitraum Abflüsse aus Nicht-ESG-Fonds gegenüberstanden. Europa dominierte mit über 90 % der weltweiten Netto-ESG-Fondszuflüsse.1 Ein spürbarer Einfluss auf die Nachfrage in den letzten zwölf Monaten war die wachsende Bedeutung von ESG-Auflagen, wie die Offenlegungsverordnung (SFDR: Sustainable Finance Disclosure Regulation) und die Taxonomie-Verordnung der Europäischen Union. Wir gehen davon aus, dass die Regulierung auch 2023 ein wichtiger Faktor für die Nachfrage bleiben wird.
Neben den Kapitalflüssen ist die Ausrichtung der Gesamtwirtschaft – einschließlich der Unternehmenstätigkeit – auf Ökologie und Nachhaltigkeit bereits eine entscheidende Entwicklung in Europa. Wir erwarten eine ähnliche Ausrichtung in den großen asiatischen Märkten, die als wichtiger Impulsgeber für das Wachstum des Markts für nachhaltige Anlagen in der Region dienen werden.
2. Die verschiedenen Facetten von nachhaltigem Investieren verstehen
Bei ESG-Anlagen geht es im Kern um Daten und Informationen. Diese Daten und Informationen können ganz unterschiedlich genutzt und zu diversen Zwecken eingesetzt werden, da es keine allgemeingültig definierten Nachhaltigkeitskriterien gibt. Die mangelnde Differenzierung hat zu einigen Missverständnissen geführt – zum Beispiel, dass es bei der ESG-Integration darum ginge, die Welt zu retten, oder dass Anlageausschlüsse der einzige Weg seien, um nachhaltige Ergebnisse zu erzielen. Durch diese Missverständnisse kam es letztlich zu den Anti-ESG-Bewegungen und Greenwashing-Vorwürfen, die wir im letzten Jahr gesehen haben.
Anlegerinnen und Anleger verstehen inzwischen, dass es einen Unterschied gibt zwischen ESG-Strategien, die auf innovative Lösungen abzielen und das Potenzial haben, vom Übergang zu einer nachhaltigeren Zukunft zu profitieren, und solchen Strategien, die Unternehmen einfach aufgrund von Werten oder politischen Ansichten ausschließen. Außerdem wird zunehmend erkannt, dass eine Investition in den Übergang zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft nicht bedeutet, kein Engagement in fossilen Brennstoffen mehr zu haben. Wir glauben, dass Anlegerinnen und Anleger 2023 ein besseres Verständnis dieser Konzepte entwickeln werden.
3. Glaubwürdige nachhaltige Lösungen können reale Auswirkungen haben
Netto-Null erfordert eine erhebliche Reduzierung der globalen Treibhausgasemissionen. Doch damit nicht genug: Es werden auch massive Investitionen in Kohlenstoffausgleich und -entfernung notwendig sein. Während sich die Welt dem Jahr 2030 nähert (dem kritischen Jahr, bis zu dem laut dem Weltklimarat eine Reduzierung der globalen Emissionen um 50 % erforderlich ist), wächst der Handlungsbedarf.
Infolgedessen suchen Anlegerinnen und Anleger aktiv nach Wegen, um negative Portfolioemissionen zu erreichen, entweder durch mechanische Technologien zur CO2-Entfernung, wie CO2-Abscheidung und -Speicherung, oder zunehmend durch naturbasierte CO2-Ausgleichslösungen wie Forstwirtschaft. Es gibt eine anhaltende und wichtige Debatte darüber, wie CO2-Kompensationen berücksichtigt werden sollten, um die Ausrichtung eines Anlageportfolios auf Netto-Null-Emissionen zu berechnen. International wird derzeit versucht, die Bilanzierung und Rückverfolgbarkeit des CO2-Ausgleichs zu standardisieren und die Integrität naturbasierter CO2-Ausgleichsprojekte zu fördern. Aber letztendlich ist ein Baum immer noch ein Baum. Man sollte keinesfalls die vielen ökologischen (und sozialen) Vorteile außer Acht lassen, die Bäume bieten.
4. Die Energiewende wird sich weiterhin auf die Inflation auswirken, aber eine fehlende Anpassung an die Klimakrise wird noch stärkere Auswirkungen haben
Wir müssen anerkennen, dass der Übergang zu einer sauberen Wirtschaft angesichts robuster fiskalischer Unterstützung und des hohen Niveaus neuer Investitionen, die in Technologien wie Wind, Solar und Elektrofahrzeuge fließen, wahrscheinlich Auswirkungen auf die Inflation haben wird. Andererseits könnten die Auswirkungen wesentlich extremer ausfallen, wenn sich die Welt nicht an den Klimawandel anpasst.
Extreme Wetterereignisse, wie die europäische Hitzewelle im Sommer 2022, belasten die Wirtschaft in mehrfacher Hinsicht zusätzlich – durch ihre Auswirkungen auf die Arbeitsmärkte und die natürlichen Ökosysteme sowie durch Störungen der Kerninfrastruktur. Das Ergebnis ist, dass die Betriebskosten in vielen Bereichen wie Bauindustrie, Immobilien und Landwirtschaft steigen werden, da Unternehmen versuchen, die Klimaresilienz zu verbessern und in Fällen, in denen der Grad der Klimaanpassung gering ist, Arbeitsverluste oder Kapitalschäden auszugleichen. Beispielsweise prognostiziert die Internationale Arbeitsorganisation (ILO), dass allein durch Hitzestress die Gesamtarbeitszeit bis 2030 weltweit um 2,2 % und das globale BIP um 2,4 Bio. USD reduziert werden könnten.2
Städte werden aufgrund des städtischen Wärmeinseleffekts in einer sich erwärmenden Welt am stärksten betroffen sein, wobei der daraus resultierende Einsatz von Klimaanlagen und Kühlgeräten den Stromverbrauch erhöht und den Energiemarkt weiter belastet. Es ist jedoch nicht nur extreme Hitze, die einen wirtschaftlichen Preis hat. Zunehmende Dürren, Überschwemmungen und extreme Kälteperioden können sich ebenfalls erheblich auf die Ernteerträge auswirken und die Lebensmittel- und Rohstoffpreise in die Höhe treiben. Gleichzeitig muss bestehende Infrastruktur nachgerüstet oder ersetzt werden, um Klimaresilienz aufzubauen.
Für diese Herausforderungen gibt es keine Patentlösung. Die politischen Entscheidungsträger müssen eine Schlüsselrolle bei der Förderung von Investitionen und der Bereitstellung von Finanzmitteln für Klimaanpassungsprojekte spielen. Anlegerinnen und Anleger sollten sich währenddessen mit dem Thema Anpassung auseinandersetzen, nicht nur aus Sicht des Risikomanagements, sondern auch aufgrund der Anlagemöglichkeiten, die neue klimaresistente Lösungen erschließen.
5. Die Kosten für den Menschen durch die ökologische Transformation müssen ins Auge gefasst werden
Die Umstellung auf saubere Energie ist entscheidend, um das Netto-Null-Ziel zu erreichen. Aber viele der neuen umweltfreundlicheren Technologien, die entwickelt werden, erfordern einen erheblichen Einsatz vieler Mineralien, die oft nur an wenigen Orten auf der Welt zu finden sind. Infolgedessen stehen Investoren in der Energiewende vor zusätzlichen Nachhaltigkeitsherausforderungen, die ebenfalls angegangen werden müssen.
Ein gutes Beispiel ist Kobalt, das ein wichtiger Rohstoff für die Batterieproduktion von Elektrofahrzeugen ist, aber nur aus wenigen Ländern bezogen werden kann. Auf die Demokratische Republik Kongo entfallen über 70 % der weltweiten Kobaltproduktion3. Dieser Marktanteil wächst, weil das Land versucht, die russischen Lieferungen aufgrund des Kriegs in der Ukraine zu ersetzen. Angesichts der in der Lieferkette von Kobalt weit verbreiteten Menschenrechtsverletzungen und Kinderarbeit fordern Investoren zunehmend, dass Unternehmen strenge Due-Diligence-Prüfungen bei Lieferanten aus der Demokratischen Republik Kongo durchführen, wozu regelmäßige Audits gehören.
Diese Intervention allein reicht jedoch nicht aus, um die Kinderarbeit aus der Kobaltproduktion zu beseitigen, insbesondere angesichts der wachsenden Zahl informeller Kleinminen, auf die viele Familien angewiesen sind. Bisher gibt es keinen realistischen Zeitplan für die Lösung dieser Probleme. Währenddessen dürfte die Nachfrage nach Batterien und Akkus bis 2030 jährlich um bis zu 30 % steigen, da sich die Energiewende beschleunigt.4
Bei J.P. Morgan Asset Management werden wir uns weiterhin darauf konzentrieren, mit einzelnen Unternehmen hinsichtlich dieser wichtigen Fragen zusammenzuarbeiten. Eine Gesamtlösung erfordert jedoch gemeinsame Anstrengungen der internationalen Gemeinschaft, weshalb wir auch weiterhin mit unseren Mitbewerbern, politischen Entscheidungsträgern und allen Akteuren im Finanzsystem zusammenarbeiten werden, um die vollständigen Kosten und Auswirkungen der Energiewende zu ermitteln.
1 Morningstar, Jahresbeginn bis November 2022.
2 ILO, „Working on a warmer planet: The impact of heat stress on labour productivity and decent work“ , 2019
3 Cobalt Institute, Cobalt Market Report, 2021
4 McKinsey: „Battery 2030: Resilient, sustainable, and circular“, Januar 2023
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