Klimawandel als kritisches Anlagerisiko für Portfolio
Der globale Temperaturanstieg bedeutet für unsere Welt eine große und permanente Herausforderung.
Der Klimawandel wirkt sich nicht nur auf unser Leben aus, sondern stellt auch ein großes finanzielles Risiko dar, das Anleger nicht länger ignorieren können. Als Investoren für unsere Kunden sind wir der Ansicht, dass wir eine wichtige Rolle spielen. Dies trifft auf die Identifizierung von bzw. die Anlage in Unternehmen zu, die von den Chancen im Zusammenhang mit dem raschen Übergang zu einer kohlenstoffarmen Welt profitieren. Gleichzeitig stellen wir aber auch die Risiken einer Anlage in Unternehmen fest, die auf einen solchen Wandel noch nicht vorbereitet sind.
Die Berücksichtigung der ESG-Kriterien, Umwelt, Soziales und Unternehmensführung, ist für das Ergebnis eines Unternehmens wesentlich und relevant. Das Klimarisiko haben wir als einen der fünf Schwerpunkte ermittelt, die sich auf den Fortbestand eines Unternehmens heute, morgen und langfristig auswirken können. J.P. Morgan Asset Management berücksichtigt im Research der Anlageklassen die gesamte Bandbreite relevanter Risiken und Möglichkeiten. So erreichen wir robuste, langfristige Resultate für unsere Kunden.
Durch unseren Dialog mit den Unternehmen, in die wir anlegen, und den Austausch mit der breiteren Stakeholderbasis, zu der auch Aufsichtsbehörden und Kunden gehören, fördern wir ein solides Verständnis von Nachhaltigkeit. Darüber hinaus können wir auch mit anderen Investoren zusammenarbeiten, wenn wir davon überzeugt sind, dass unser gemeinsames Engagement effektiver zu Fortschritten beim Klimarisikomanagement führt. Wir nutzen unsere Aktionärsrechte proaktiv durch unseren direkten Dialog mit Unternehmen und äußern unsere Ansichten zum Risiko des Klimawandels durch unsere Stimmabgabe.
Abstimmung über Vorschläge zum Klimawandel
In den letzten fünf Jahren ist der Klimawandel zu einem immer wichtigeren und öffentlich sichtbaren Thema bei der Stimmrechtsvertretung geworden und hat bei einer Vielzahl von Interessengruppen großes Interesse geweckt. Der Fokus lag zunächst größtenteils auf Anträgen der Aktionäre von Unternehmen in kohlenstoffintensiven Branchen wie Kohlenwasserstoff, Stromversorger und Bergbau. Mittlerweile sind davon auch nachgelagerte Branchen wie Transport, Fertigung, Immobilien und Finanzen betroffen.
Beschlüsse der Aktionäre im Zusammenhang mit dem Klimawandel lassen sich grob in vier Kategorien einteilen:
- Strategie und Unternehmensführung
- Offenlegung von Klimarisiken
- Lobbyarbeit
- Emissionsziele und -metriken – Dazu gehörte die Festlegung von am Pariser Klimaabkommen ausgerichteten Zielen für direkte Treibhausgasemissionen, die durch den Betrieb und die Nutzung von Elektrizität (Bereiche 1 und 2) und zunehmend durch die Nutzung von Produkten/ Dienstleistungen (Bereich 3) entstehen.
Wir gehen davon aus, dass es in diesem Jahr zu erneuten Anstrengungen kommen wird, die zu einer beträchtlichen Anzahl dieser Beschlüsse führen werden. Dazu zählen ebenfalls vom Management beantragte Beschlüsse, die als „Mitspracherecht beim Klima“ bezeichnet werden.
Unser Rahmenwerk zur Abstimmung
2020 haben wir für rund 40 % der klimabezogenen Aktionärsbeschlüsse gestimmt. Wir glauben, dass es für uns als großer globaler Investor wichtig ist, unsere Position und Entscheidungsfindung bei diesen Abstimmungen deutlich zu machen
- Wesentlichkeit: Unsere erste Überlegung ist, ob sich der Beschluss mit einem Thema befasst, das zur Wahrung des wirtschaftlichen Interesses unserer Kunden relevant ist. In vielen Fällen ist ein erfolgreiches Management des Klimawandels für den zukünftigen Erfolg des Unternehmens wichtig. Deshalb verdienen die diesbezüglichen Beschlüsse unsere intensive Aufmerksamkeit. In einigen Fällen schlägt der Beschluss dem Verwaltungsrat jedoch eine Maßnahme vor, die bestenfalls indirekt für den künftigen Erfolg des Unternehmens und seiner Anteilseigner von Bedeutung ist und das Management möglicherweise davon ablenkt, sich auf unmittelbar bevorstehende und wesentlichere Themen zu konzentrieren.
- Vorschreibender Charakter: Des Weiteren analysieren wir sorgfältig, ob der Beschluss einen zu vorschreibenden Charakter hat. Wir prüfen, ob der Beschluss so formuliert ist, dass er dem Unternehmen sowohl die Fähigkeit als auch die Befugnis gibt, diejenige Strategie und Umsetzungsmethode auszuwählen, die nach seiner Auffassung das beabsichtigte Ergebnis des Beschlusses am effektivsten erreicht.
- Aktiver Einblick: Schließlich überlegen wir, inwieweit es sinnvoll ist, den Beschluss mit Blick auf die aktuelle Geschäfts- und Finanzsituation im Unternehmen zu unterstützen. Wir stehen mit dem Verwaltungsrat, der Geschäftsleitung und den operativen Experten der Beteiligungsunternehmen oft in ständigem und regelmäßigem Austausch
Deshalb haben wir gegenüber dem Befürworter des Beschlusses womöglich ein besseres Verständnis und einen besseren Einblick darin, was getan wird, um ein Problem zu lösen. Wir sind uns bewusst, dass in vielen Märkten nur eine geringe Anzahl von Aktien erforderlich ist, um einen Beschluss vorzuschlagen. In den letzten Jahren waren wir in mehreren Fällen mit der Ernsthaftigkeit und Dringlichkeit, mit der ein Unternehmen ein Problem angegangen ist, inreichend zufrieden. Daher entschieden wir, dass die Umsetzung eines Beschlusses nicht unbedingt sinnvoll sein würde. Um die finanziellen Auswirkungen des Klimawandels und andere potenzielle Probleme zu verringern, müssen Unternehmen ein tiefes Verständnis für die damit verbundenen Risiken und Chancen entwickeln, die für ihre Geschäftstätigkeit wesentlich sind. Um diese Probleme anzugehen, müssen sie auch Verantwortung übernehmen und Änderungen durchführen.
Grundsätzlich unterstützen wir Beschlüsse zu folgenden Punkten:
- Strategie und Unternehmensführung – Unternehmen, die die Klimarisiken und -chancen auf höchster Ebene überwachen, eine festgelegte Position zum Klimawandel etablieren, bei der betreffenden Kapitalallokation und den Unternehmensausgaben transparent sind oder eine Geschäftsstrategie verfolgen, die im Einklang mit einer kohlenstoffarmen Wirtschaft steht
- Climate von Klimarisiken – Unternehmen, die regelmäßig über Klimarisiken berichten, z. B. entsprechend den Empfehlungen der Task Force für die Offenlegung von klimabezogenen Finanzrisiken
- Lobbarbeit – Wir erwarten von Unternehmen, dass sie angesichts des potenziellen Reputationsrisikos Lobbyarbeit so betreiben, wie es ihrer öffentlich erklärten Position entspricht.
Die Abstimmung über Klimabeschlüsse verdeutlicht Ausmaß und Komplexität der Herausforderungen aufgrund des Klimawandels. Während einige Aspekte unkompliziert sind, handelt es sich bei anderen um eine sorgfältige Abwägung von verschiedenen, gedanklich durchgespielten Szenarien, die in den kommenden Jahren auftreten und Anleger auf verschiedene Art und Weise beeinflussen können. Hierzu gehören Änderungen der lokalen und nationalen Regierungspolitik und -maßnahmen, des technologischen Fortschritts, der Wettbewerbsdynamik in der Industrie und der Kapitalkosten.
Außerdem stellen wir fest, dass die Beschlüsse der Aktionäre nicht die einzige Gelegenheit zur Abstimmung sind, um unsere Ansichten zum Ansatz des Verwaltungsrats bezüglich des Klimawandels zu äußern. Wir überlegen, gegen Verwaltungsratswahlen, Vergütungen von Führungskräften oder sonstige Beschlüsse des Managements zu stimmen (z. B. gegen die Entlastung des Verwaltungsrats), wenn wir mit den Maßnahmen des Unternehmens zum Klimarisiko-management, der Qualität des Dialogs oder dessen Fortschritt nicht zufrieden sind..
Wir sind uns bewusst, dass einige Sektoren Merkmale aufweisen, die nicht für eine umfassende Top-Down-Aktion geeignet sind. Dies bedeutet, dass wir für bestimmte Klimabeschlüsse wahrscheinlich kein einheitliches Abstimmungsergebnis haben. Hierzu gehören Unternehmen, die unter Druck gesetzt werden, eine unrealistische Geschäftsstrategie in einem unangemessenen Zeitrahmen umzusetzen oder Informationen unter Anwendung einer Methodik offenzulegen, die keine unternehmensspezifischen Positionen berücksichtigt, was möglicherweise zu irreführenden Angaben führt. Ebenso kann dies für Beschlüsse zu Treibhausgasemissionen des Bereichs 3 in Sektoren relevant sein, in denen Form und Ausmaß der Endproduktnachfrage höchst ungewiss bleiben.
Fortschritte im Energiebereich durch Auseinandersetzung und Dialog
Der Klimawandel ist eine Herausforderung und wird sich auf die bereits komplexe Energiewirtschaft auswirken. Unternehmen unterscheiden sich stark in ihrem Vermögen, ihrer Treibhausgasbilanz und ihrer Wettbewerbsposition.
Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass wir nicht erwarten, dass jedes Unternehmen für erneuerbare Energien oder neue Energietechnologien automatisch Gewinner gegenüber bestehenden Lieferanten ist. Aber etablierte Unternehmen, die den Klimawandel nicht anerkennen und sich nicht an ihn anpassen, könnten einen beträchtlichen Wert zerstören.
Bei der Auseinandersetzung mit diesen Unternehmen konzentrieren wir uns deshalb auf ihre Strategie zur Verringerung von Klimarisiken und die Einbeziehung dieser Risiken in ihren Kapitalallokationsprozess. Unternehmen, mit denen wir in Kontakt treten, bitten wir deshalb, die zur Bewertung des Klimarisikos verwendeten Metriken klar zu definieren, ihre Wahl zu erläutern und Ziele festzulegen, für die das Management zur Rechenschaft gezogen werden kann.
Obwohl wir Unternehmen für die Festlegung ehrgeiziger und langfristiger Netto-Null-Ziele begrüßen, reicht diese Absicht allein nicht aus. Was den Umfang der in diesen Zielen enthaltenen Treibhausgasemissionen und die Abhängigkeit von Ausgleichszahlungen anbetrifft, bemühen wir uns um eine verstärkte Offenlegung. Zugleich fordern wir Unternehmen auf, mittelfristige Ziele festzulegen, über die das Management regelmäßig Bericht erstatten sollte. Darüber hinaus bitten wir Unternehmen, ihre Offenlegungen bei Investitionen in neue Energieunternehmungen zu verstärken, damit Anleger einen fundierten Überblick über ihre Renditen und ihre Wettbewerbsfähigkeit erhalten.
Die Herausforderung für Anleger ist erheblich und wird durch das Fehlen standardisierter Offenlegungen, die einen Vergleich der mit Treibhausgasemissionen verbundenen Risiken der einzelnen Unternehmen ermöglichen, bei Entscheidungen über die Kapitalallokation noch verstärkt. In vielen Fällen kann sich eine einzelne Metrik zur Messung von Klimarisiken als unzureichend erweisen. Darüber hinaus ist die Bewertung von Kriterien wie gestrandeten Vermögenswerten durch ein Unternehmen mit erheblichen Unsicherheiten und Annahmen zum eigenen Portfolio in Relation zu vergleichbaren Unternehmen behaftet.
In einigen Branchen wie z. B. im Upstream-Bereich der Öl-und Gasindustrie gibt es jedoch bereits standardisierte Messungen von Reserven und Wert. Diese Maßnahmen können geändert werden, um die Reserven und den Wert auf der Basis der vorgeschriebenen Kohlenstoffpreise zu bewerten, die für das gesamte Portfolio gelten. Wir ermutigen Emittenten, Investoren und Aufsichtsbehörden, diesen Ansatz weiter zu untersuchen.
Fazit
Das Pariser Abkommen zielt darauf ab, den Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur auf deutlich unter 2°C über dem vorindustriellen Niveau und idealerweise auf 1,5°C zu halten. Hierzu müssten auf der ganzen Welt bis 2050 Netto-Null-Emissionen erreicht werden.
Als Aktionäre unterstützen wir viele klimabezogene Aktionärsbeschlüsse, wenn wir davon überzeugt sind, dass sie sich langfristig auszahlen. Dies ist jedoch nicht die einzige Art und Weise, wie wir eine effektive Verwaltung durchführen. Die Anlageverwaltungsexperten, Anlageanalysten und Portfolioverwalter von J.P. Morgan Asset Management beschäftigen sich eingehend mit den Unternehmen, in die wir anlegen, um deren Ansatz zum Management von Risiken durch den Klimawandel und Treibhausgasemissionen zu verstehen. Wir sind davon überzeugt, dass Unternehmen durch die Verringerung von Klimarisiken ein nachhaltiges Wachstum erzielen und langfristig Wert für Investoren und Anteilseigner schaffen können.